37,9 % der Studierenden in Deutschland waren 2021 armutsgefährdet
WIESBADEN (ots)
- 38,5 % der Studierenden waren finanziell nicht in der Lage, unerwartete größere Ausgaben zu bestreiten
- Wohnkosten: Ein Viertel der Studierenden insgesamt und mehr als die Hälfte derjenigen, die allein oder in Studierenden-WGs lebten, galt 2021 als überbelastet
Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung soll Studierende unterstützen, die angesichts geringer Einkommen durch die aktuell hohen Preise besonders belastet sind. 37,9 % der Studierenden in Deutschland waren im Jahr 2021 armutsgefährdet. Das teilt das Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Weltstudierendentags am 17. November anhand von Erstergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC) 2021 mit. Noch deutlich höher war das relative Armutsrisiko für diejenigen, die allein oder ausschließlich mit anderen Studierenden zusammenlebten: Gut drei Viertel (76,1 %) von ihnen waren armutsgefährdet. Zum Vergleich: Insgesamt waren im vergangenen Jahr 15,8 % der Bevölkerung in Deutschland von Armut bedroht.
Eine Person gilt nach der Definition für EU-SILC als armutsgefährdet, wenn sie über weniger als 60 % des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt (Schwellenwert der Armutsgefährdung). 2021 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 15 009 Euro netto im Jahr oder 1 251 Euro im Monat. Das Einkommensreferenzjahr ist das Vorjahr der Erhebung.
38,5 % der Studierenden konnten ungeplante, größere Ausgaben nicht bestreiten
Das dritte Entlastungspaket der Bundesregierung sieht Einmalzahlungen für Studierende vor, um zusätzliche Belastungen, etwa durch eine größere Nachzahlung, zu stemmen. Finanzielle Engpässe zeigen sich auch darin, dass nahezu zwei von fünf Studierenden (38,5 %) im Jahr 2021 und damit schon vor der aktuellen Energiepreiskrise in Haushalten lebten, die nicht in der Lage waren, unerwartete größere Ausgaben aus eigenen finanziellen Mitteln zu bestreiten. Unter den allein oder zusammen mit Studierenden in Wohngemeinschaften lebenden Studierenden traf dies auf mehr als die Hälfte zu (55,5 %). In der Gesamtbevölkerung war knapp ein Drittel (31,9 %) finanziell nicht in der Lage, unerwartete größere Ausgaben zu bestreiten.
Wohnkostenbelastung für Studierende überdurchschnittlich hoch
Geringen finanziellen Spielraum lassen Studierenden auch ihre Ausgaben für Wohnen. 2021 lag der durchschnittliche Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Haushaltseinkommen für Studierende bei 31,6 % und damit deutlich über der Wohnkostenbelastung der Gesamtbevölkerung (23,3 %). Studierende, die allein oder in Studierenden-WGs lebten, mussten im Schnitt gut die Hälfte (51,1 %) ihres verfügbaren Einkommens für die Wohnkosten aufbringen.
Liegt die Wohnkostenbelastung auch nach Abzug möglicherweise erhaltener wohnungsbezogener Transferleistungen noch bei mehr als 40 %, gelten Haushalte als überbelastet. Im vergangenen Jahr lebte knapp ein Viertel (24,2 %) der Studierenden in Haushalten, auf die das zutraf. In der Gesamtbevölkerung hingegen lebten 10,7 % in einem überbelasteten Haushalt. Eine besonders starke Überbelastung durch Wohnkosten hatten auch hier Studierende, die allein oder in Studierenden-WGs lebten: Mehr als die Hälfte von ihnen (56,6 %) galt als überbelastet.
Methodische Hinweise:
Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der europäischen Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (European Union Statistics on Income and Living Conditions, EU-SILC). EU-SILC ist die amtliche Hauptdatenquelle für die Messung von Armutsgefährdung und Lebensbedingungen auf Bundesebene in Deutschland sowie in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Erhebung ist in Deutschland seit dem Erhebungsjahr 2020 als Unterstichprobe in den Mikrozensus integriert.
Bei den hier erwähnten Ergebnissen für 2021 handelt es sich um Erstergebnisse.
Ausführliche Informationen zu den methodischen Änderungen, deren Auswirkungen auf EU-SILC sowie zum Unterschied zwischen Erst- und Endergebnissen sind auf einer Sonderseite verfügbar.
Studierende wurden in der vorliegenden Auswertung abgegrenzt als Personen, die angaben, sowohl im Vorjahr der Befragung als auch im Berichtsjahr zur Gruppe "Studierende, Schüler/-innen oder Azubis ohne Vergütung" zu gehören und außerdem bereits im Vorjahr mindestens 18 Jahre alt waren.
In der Erhebung EU-SILC ist die Grundlage für die Einkommensmessung in einem Erhebungsjahr das verfügbare Haushaltsnettoeinkommen (nach Steuern und Sozialabgaben) des Vorjahres. Die Fragen zum Einkommen beziehen sich also auf das Vorjahr der Erhebung (Einkommensreferenzjahr).
Bei den Angaben zur Wohnkostenbelastung werden sowohl Miet- als auch Eigentümerhaushalte berücksichtigt. Der Begriff Wohnkosten bezeichnet die monatlichen Kosten, die mit dem Recht des Haushalts auf Wohnen in der Wohnung verbunden sind (bei Eigentümer/-innen: Grundsteuer; bei Mieter/-innen: Mietzahlungen). Die Nebenkosten (Wasser, Elektrizität, Gas und Heizung), die sich aus der tatsächlichen Nutzung der Wohnung ergeben, sind ebenfalls berücksichtigt. Außerdem sind enthalten: Ausgaben für die Instandhaltung der Wohnung beziehungsweise des Hauses, Hypothekenzinsen (bei Eigentümer/-innen), Versicherungsbeiträge (bei Eigentümer/-innen; bei Mieter/-innen, falls diese die Kosten tragen) und weitere Kosten wie zum Beispiel für Müllabfuhr und Straßenreinigung.
Bei den ausgewiesenen durchschnittlichen Anteilen der Wohnkosten werden möglicherweise vom Haushalt erhaltene wohnungsbezogene Transferleistungen noch nicht abgezogen. Als überbelastet wird ein Haushalt hingegen nur kategorisiert, wenn auch nach Abzug erhaltener Zuschüsse, wie z. B. des Wohngeldes, noch mehr als 40 % des verfügbaren Haushaltseinkommens für die Wohnkosten aufgewendet werden müssen.
Weitere Informationen:
Weitere Ergebnisse der Erhebung EU-SILC 2021 sind im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes auf den Themenseiten Lebensbedingungen und Armutsgefährdung sowie Wohnen veröffentlicht.
Diese Pressemitteilung ist, gegebenenfalls ergänzt mit weiteren Informationen und Verlinkungen zum Thema, veröffentlicht unter www.destatis.de/pressemitteilungen.
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