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ver.di-Medieninfo: RBB-Krise: Medienpolitik muss sich an Aufklärungs- und nicht an Abbrucharbeit orientieren
RBB-Krise: Medienpolitik muss sich an Aufklärungs- und nicht an Abbrucharbeit orientieren
Angesichts der Krise im RBB rund um die Verfehlungen der ehemaligen Intendantin Patricia Schlesinger sowie die verheimlichten Boni an das Leitungspersonal des Senders für Einsparungen im Programm und Personal werden nun wiederholt von Landes- und Bundespolitikern Forderungen zur angeblichen Reform, im Kern ein Abbauvorhaben, für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk laut. Heute (1.9.22) hat Staatsminister Rainer Robra (CDU) aus Sachsen-Anhalt im Deutschlandfunk gefordert, dass neben dem bundesweiten Fernsehkanal des ZDF kein weiteres von der ARD veranstaltetes erstes Programm notwendig sei und es eine Konzentration auf das Regionale der Landesrundfunkanstalten geben solle. Damit zielt die Forderung von Robra aber auch auf die reichweitenstärksten Programminhalte wie Tagesschau, Tagesthemen, Tatort sowie Politikmagazine aus den Landesrundfunkanstalten ab. Statt eines umfassend starken Rundfunks mit Vielfalt auch im bundesweiten Fernseh-Programm fordert er offenbar einen Abbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
„Die Kritik aus Sachsen-Anhalt ist offenbar von mangelnder Sachkenntnis geprägt und jenseits der Rundfunkverfassung, denn statt einer bedarfsgerechten Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordert Robra eine Programmeinschränkung gerade für einige der erfolgreichsten TV-Formate“, kritisierte Matthias von Fintel, Leiter des ver.di-Bereichs Medien, Journalismus und Film. „Gleichzeitig spricht Robra den Aufsichtsgremien pauschal ihre fachliche Eignung ab, bezweifelt dies sogar für eine ehemalige Bundes- und Landesministerin aus Bayern.“ Stattdessen werfe er das Aktienrecht als Maßstab für die Kontrolle ein, was immerhin eine paritätische Mitbestimmung in Aufsichtsräten für Beschäftigtenvertreterinnen und –vertreter mit sich bringen würde. So weit habe Robra aber wohl nicht gedacht, weil er sich in seinem Zuständigkeitsbereich für weniger Mitbestimmung etwa der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im MDR ausgesprochen habe, als es in anderen Rundfunkanstalten gesetzlich vorgesehen sei.
Rainer Robra äußert zudem den Vorwurf an Redaktionen, sie würden in der RBB-Krise einen falschen Fokus ihrer Berichterstattung vornehmen. Von Fintel: „Von außen die nach den Regeln journalistischer Ethik vorgenommene Einordung von Recherchen und daraus resultierende Berichterstattung zu geißeln, ist nicht von Sachkenntnis über den Journalismus geprägt. Dies zeigt auch einen Mangel an Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen, die schonungslos über Krisen im eigenen Unternehmen berichten. Wenn Staatsminister Robra andere Erkenntnisse vorliegen, möge er sich an die Redaktionen wenden, die mit anerkennenswert hohem Aufwand daran arbeiten, die Missstände im RBB aufzudecken.“
Für Rückfragen: Matthias von Fintel, 030-6956-2320
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