KBV - Kassenärztliche Bundesvereinigung
KBV: Schein und Wirklichkeit bei Arzneimittelausgaben
"Bei der Jagd nach höheren Einsparungen nicht das Wohl der Patienten aus den Augen verlieren"
Berlin (ots)
"Zwischen Schein und Wirklichkeit bewegen wir uns bei den Arzneimittelausgaben", kommentierte heute Dr. Leonhard Hansen, Zweiter Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die unterschiedlichen Zahlenmeldungen über Einsparungen bei den Arzneimittelausgaben. "Es ist im ersten Quartal zu Einsparungen gekommen. Dafür sorgte das Zusammenwirken von drei Faktoren, zuvorderst die Zuzahlungen der Patienten, danach die Herausnahme der freiverkäufliche Präparate aus der Erstattungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen sowie die Herstellerrabatte. Das erste Quartal erwies sich zudem als untypisch, da es durch Vorzieheffekte des letzten Jahresquartals 2003 geprägt war", erklärte er weiter. Es sei im Übrigen ein Verdienst der Ärzteschaft, dass die notwendige Medikamentenversorgung der Patienten trotz knapper Ressourcen nicht leide: "Wir Ärzte denken beim Verschreiben in erster Linie an das Wohl unserer Patienten."
Freiverkäufliche Arzneimittel dürfen nach der Gesundheitsreform nicht mehr zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verschrieben werden. Um diese Präparate für GKV-Versicherte günstiger zu machen, hat das Gesetz die Arzneimittelpreisverordnung für derartige Medikamente aufgehoben. "Der erhoffte Preiskampf blieb allerdings aus. Bei Medikamenten mit geringer Nachfrage stiegen die Preise sogar", sagte Hansen. Laut einer aktuellen Studie des Pharma- Marktforschungsunternehmens IMS Health hielten rund 95 Prozent der Apotheken den Preis eines ausgewählten Schmerzmittels stabil. Nur rund vier Prozent senkten, ein Prozent erhöhte sogar den Preis.
Vor kurzem hat der Gemeinsame Bundesausschuss erste Festbetragsgruppen beschlossen, die auch patentgeschützte Medikamente mit einbeziehen. Ziel ist es, mit vorgegebenen Höchstpreisen für bestimmte Präparate die Kosten zu dämpfen. "Die Festbetragsregelungen greifen jedoch erst im Herbst und sparen somit maximal 75 Millionen Euro ein", erklärte Hansen. "Die großen Ausgabenrückgänge werden ausbleiben. Legt man das erste Quartal zugrunde, so liegen die Einsparungen zwischen 350 bis 440 Millionen Euro. Daraus ergibt sich hochgerechnet aufs Jahr eine Spanne zwischen 1,4 bis maximal rund 1,8 Milliarden Euro." Doch auch diese Summe müsse skeptisch betrachtet werden, da die Zahl der von Zuzahlungen befreiten Versicherten im Laufe des Jahres stark zunehmen werde.
Damit widersprach der zweite KBV-Vorsitzende anderen, deutlich höher ausfallenden Einsparzahlen. So rechnete etwa die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) im Rahmen eines Wirtschaftspresseseminars Anfang Mai mit einer Einsparplanung für 2004 von 4,35 Milliarden Euro.
"Die Zuzahlungen stellen für viele Patienten eine erhebliche Hürde dar", erklärte Hansen. Zudem fehle für die Betroffenen oftmals die Transparenz. "Als gerechter würde sicherlich ein einfacheres Modell wie das Festzuschussmodell der KBV empfunden werden", erläuterte er. Dieses sei auch weiterhin aktuell, um Arzneimittelkosten zu senken. "Einen festgelegten Höchstpreis je Medikamentengruppe erstatten die Krankenkassen ihren Versicherten komplett. Wählt der Versicherte ein Präparat, das oberhalb des Festpreises liegt, zahlt er den Differenzbetrag selbst. Bei diesem Modell entscheidet der Versicherte eigenständig über die Höhe seiner Zuzahlungen", sagte Hansen. Mit dem Festzuschussmodell der KBV ließen sich rund zwei Milliarden Euro einsparen. Zudem liegen aus Sicht der KBV durchaus noch Spielräume bei der Gestaltung der Preise und somit Einsparpotenziale vor. "Das zeigen die hohen finanziellen und Natural-Rabatte, die Hersteller den Apotheken einräumen."
Hansen betonte, dass bei der Kostendiskussion nie vergessen werden darf, wie groß der Bedarf an Medikamenten wirklich ist. "Bei der Versorgung einiger Patientengruppen haben wir schon lange einen Mehrbedarf ausgemacht. Die Arzneimittelbehandlung ist zum Beispiel in der Schmerztherapie, bei vielen Krebserkrankungen und bei Diabetes mellitus längst nicht ausreichend. Wir dürfen bei der Jagd nach immer höheren Einsparungen das Wohl der Patienten nicht aus den Augen verlieren."
ots-Originaltext: KBV
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