Deutscher Bundesverband für Logopädie e. V. (dbl)
Logopädie: Von Anfang an motivierende Therapieerfolge erzielen
Interview zum Tag gegen den Schlaganfall am 10. Mai
Frechen (ots)
Jedes Jahr erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Davon hat etwa ein Drittel eine Aphasie - eine erworbene Sprachstörung. Der deutsche Bundesverband für Logopädie (dbl) unterstützt die logopädische Forschung auf diesem Gebiet. Dr. Ilona Rubi-Fessen, Trägerin des diesjährigen Luise-Springer-Forschungspreises, erklärt im Interview neue Wege in der Aphasietherapie.
dbl: Was haben Sie erforscht?
Rubi-Fessen: Ich habe als Teil einer interdisziplinären Arbeitsgruppe an einer Gruppe von 30 Patienten in unserer Klinik untersucht, ob sich der Erfolg einer zweiwöchigen logopädischen Therapie in einer relativ frühen Phase der Aphasie durch eine nicht-invasive Hirnstimulation steigern lässt. Dabei wurden direkt vor der Sprachtherapie Areale des Gehirns durch Magnetimpulse von außen durch die Schädeldecke stimuliert, so dass die Sprachzentren während der Therapie besser arbeiten konnten. Das Gehirn wurde sozusagen in "Alarmbereitschaft" versetzt, die Inhalte der Sprachtherapie besser und schneller zu verarbeiten und zu lernen.
dbl: Was sind die Ergebnisse?
Rubi-Fessen: Wir haben die Patienten in zwei Gruppen geteilt. Die eine Gruppe hat vor der Sprachtherapie die richtige Stimulation, die andere Gruppe eine Placebo-Stimulation bekommen. Beide Gruppen haben sich durch die logopädische Therapie in Sprachtests überzufällig verbessert. Die Therapieerfolge der Patientengruppe mit der richtigen Hemmung waren aber in manchen Sprachleistungen doppelt so groß. Besonders wichtig ist, dass sich der Erfolg nicht nur in Aufgaben, etwa beim Benennen von Bildern zeigt, sondern auch beim Lösen von alltagsähnlichen Situationen, wie zum Beispiel dem Absagen eines Arzttermins.
dbl: Was bedeutet das für die Therapie von Patienten mit Aphasie nach Schlaganfall?
Rubi-Fessen: Die Ergebnisse, die hier in Köln in der Zusammenarbeit unserer Rehabilitationsklinik mit dem Max-Planck-Institut für neurologische Forschung (jetzt Stoffwechselforschung) gefunden wurden, sind ein vielversprechender Beginn. Es ist für Menschen mit Aphasie ungeheuer wichtig, direkt von Anfang an motivierende Therapieerfolge zu erzielen und den Rehabilitationsverlauf zu optimieren. Allerdings sind weitere Untersuchungen erforderlich, um etwa zu überprüfen, ob wir die Abstimmung zwischen Stimulationsort und Sprachtherapiemethoden noch weiter verbessern können oder ob bestimmte Patientengruppen besonders von der neuen Kombinationstherapie profitieren.
Dr. Ilona Rubi-Fessen ist Diplom-Logopädin. Als Logopädin und Fachsupervisorin für neurologische Sprach- und Sprechstörungen arbeitet sie in einer neurologischen Rehabilitationsklinik in Köln. Als Lehrlogopädin unterrichtet sie an verschiedenen Lehranstalten für Logopädie und führt Seminare in der Weiterbildung durch. Zum Einsatz der transkraniellen Magnetstimulation in der Aphasietherapie hat sie an der RWTH Aachen promoviert und forscht zu diesem Thema auch weiter im Rahmen eines multinationalen Forschungsprojekts. Die Verleihung des Luise-Springer-Forschungspreises wird beim diesjährigen dbl-Kongress am 15. Juni 2017 in Mainz stattfinden.
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