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Ermittler setzen auf fragwürdigen Datenretter
SR-Recherchen zeigen Unregelmäßigkeiten bei IT-Dienstleister

Saarbrücken (ots)

Strafverfolgungsbehörden aus ganz Deutschland haben Aufträge an einen fragwürdigen IT-Dienstleister aus dem Saarland vergeben. Nach Recherchen des Saarländischen Rundfunks (SR) gibt es bei dem Datenretter Unregelmäßigkeiten im Privatkundengeschäft. Experten eines Fraunhofer-Instituts sprechen von "besorgniserregendem Verhalten".

Dem SR-Rechercheteam liegen rund 70 vergleichbare Fälle vor: Privatkunden des Datenrettungs-Spezialisten "ResQ Data and Repair" aus Blieskastel im Saarland fühlen sich hintergangen. Dabei geht um den Vorwurf, dass ihnen Rechnungen im mittleren bis hohen dreistelligen Bereich untergeschoben worden sein könnten. Die Privatkunden beteuern, kein entsprechendes Angebot angenommen zu haben.

Ein Insider, der die internen Betriebsabläufe kennt, sagt, ResQ habe Kostenvoranschläge im Namen seiner Kunden angenommen, ohne deren Kenntnis oder Zustimmung.

Er erzählt außerdem: Fordere ein Kunde etwa sein Smartphone ohne Datenrettung zurück, so sei es vorgekommen, dass das Gerät vor Rücksendung absichtlich irreparabel beschädigt worden sei.

Nach SR-Recherchen wurde im Zusammenhang mit dem Privatkundengeschäft bereits acht Mal gegen den Eigentümer von ResQ ermittelt. Laut Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurden die meisten Verfahren eingestellt, mangels hinreichendem Tatverdacht. Ein Fall landete vor dem Amtsgericht, dieses stellt das Verfahren wegen geringer Schuld ein. Aktuell läuft ein Ermittlungsverfahren gegen den Inhaber, ob es tatsächlich zur Anklage kommt, ist offen.

Ungeachtet der wiederkehrenden Auseinandersetzungen mit Privatkunden gehören Ermittlungsbehörden aus ganz Deutschland ebenfalls zu den Kunden von ResQ.

Dem SR-Rechercheteam liegen rund 30 Rechnungen vor: Von mehreren Staatsanwaltschaften, von Landeskriminalämtern und auch dem Bundekriminalamt (BKA). ResQ schulte demnach Ermittler und bereitete im Rahmen von Ermittlungsverfahren beschädigte Geräte auf, damit die Daten ausgelesen werden konnten. Darunter waren den Recherchen zufolge auch sensible Verfahren, etwa Terror-Ermittlungen oder solche zur Organisierten Kriminalität.

Die Behörden teilen mit, ihr Dienstleister habe immer Leistungen erbracht wie angefordert. Von den eingestellten Ermittlungsverfahren hätten sie nichts gewusst. Einzig die Staatsanwaltschaft Saarbrücken war nach eigenen Angaben informiert: Sie hatte im vergangenen Jahr einen Auftrag an ResQ vergeben - während sie zeitgleich aufgrund von Anzeigen durch Privatkunden gegen den Inhaber ermittelte. Sie verweist darauf, dass der Inhaber nicht rechtskräftig verurteilt sei.

Im Privatkunden-Geschäft haben weitere SR-Recherchen neuerlich Unregelmäßigkeiten zutage gefördert: IT-Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Angewandte und Integrierte Sicherheit haben vier Smartphones präpariert. Diese hat der SR bei ResQ eingeschickt - getarnt jeweils als Privatkunde.

Für zwei weitgehend intakte Geräte bot das Unternehmen eine Datenrettung wegen eines angeblichen Totalschadens an. Später kamen die Handys kaputter zurück als eingeschickt. Laut Fraunhofer-Experten wurden diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der ResQ-Werkstatt beschädigt, versehentlich oder mit Absicht. Die Experten sprechen angesichts dieses Ergebnisses von einem "besorgniserregenden Verhalten" des Anbieters.

Der Anwalt von ResQ teilt mit, es würden keine Geräte vorsätzlich beschädigt. Es sei nicht auszuschließen, dass an den beiden Test-Geräten Fehler in der Werkstatt passiert seien. Wahrscheinlicher seien aber Transportschäden. Er zweifelt zudem Methoden und Ergebnisse des Fraunhofer-Tests an. ResQ schiebe außerdem niemandem Rechnungen unter.

Nach Angaben des BKA hatten Landeskriminalämter und Strafverfolgungsbehörden des Bundes allein 2023 fast 300.000 digitale und elektronische Beweismittel auf dem Tisch. Für diese Vielzahl an Asservaten seien externe Dienstleister, wie auch ResQ einer ist, nötig, sagt der Professor für digitale Forensik, Dirk Labudde. Doch Behörden seien gut beraten, genau zu überprüfen, mit wem sie zusammenarbeiteten.

Wie sie ihre Dienstleister überprüfen? Dazu haben die Ermittlungsbehörden, die der SR wegen ihres Dienstleisters ResQ kontaktiert hatte, kaum konkrete Antworten geliefert.

Pressekontakt:

Saarländischer Rundfunk
Funkhaus Halberg - 66100 Saarbrücken
SR-Rechercheteam
Volker Roth
Tel. 061-602-3030 oder 0173-6189995.
vroth@sr.de

Original-Content von: SR Saarländischer Rundfunk, übermittelt durch news aktuell

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