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Aufwachsen im Sudan: Eine Generation in Gefahr

Aufwachsen im Sudan: Eine Generation in Gefahr
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Aufwachsen im Sudan: Eine Generation in Gefahr

Statement von Lucia Elmi, Leiterin der weltweiten UNICEF-Nothilfeprogramme für Kinder, bei der heutigen Pressekonferenz im Palais des Nations in Genf

Genf/New York/Berlin, den 14. März 2025

„Vergangene Woche bin ich aus dem Sudan zurückgekehrt, einem Land, in dem Kinder mit einer der schlimmsten humanitären Krise der Welt konfrontiert sind. Konflikt, Vertreibung und Hunger zerstören das Leben der jungen Menschen im Sudan.

Mehr als 16 Millionen Kinder im Sudan benötigen dringend humanitäre Hilfe. Fast 17 Millionen Kinder können seit zwei Jahren nicht zur Schule gehen. Mädchen sind schweren Gefahren ausgesetzt, darunter sexualisierte Gewalt, Menschenhandel und dem Risiko einer Zwangsheirat. Mehr als 12 Millionen Menschen sind von geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht. Kinder werden getötet, verstümmelt und vertrieben. Täglich werden schwere Verletzungen der Kinderrechte gemeldet. Vielen drohen Rekrutierung und Einsatz durch bewaffnete Gruppierungen, Kinderarbeit und frühe Ehen.

Die psychologischen Auswirkungen sind verheerend – Konflikt, Verlust und Vertreibung haben dazu geführt, dass Kinder mit Angst, Depressionen und Traumata kämpfen. Es muss jetzt alles dafür getan werden, um die Kinder im Sudan zu schützen.

Es wird immer schwieriger, Kinder in Not zu erreichen. Während meines letzten Besuchs habe ich Gemeinden in Kassala, Gedaref und Wad Medani besucht. Ich begegnete Mädchen und Jungen, die auf Mangelernährung untersucht wurden; Müttern, die nach medizinischer Versorgung für ihre Kinder suchten und Familien, die verzweifelt sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen benötigten. Die Bedarfe sind überwältigend, doch die Hilfe ist nicht in dem Umfang und der Geschwindigkeit verfügbar, die erforderlich sind.

Gleichzeitig sah ich etwas Bemerkenswertes: Vertriebene Menschen und aufnehmende Gemeinden kamen zusammen, um ihre Fähigkeiten und Ressourcen einzubringen, um humanitäre Hilfe zu leisten; Kinder, die eifrig in temporären Lernzentren lernten und spielten. Für viele Kinder sind solche Angebote die erste Möglichkeit, zu lernen, da sie aus Gebieten stammen, in denen der Schulunterricht nicht möglich war. Diese Zentren sind nicht nur Orte des Lernens – sie vermitteln ein Gefühl von Normalität, Hoffnung und Schutz.

Ich begegnete Familien, die mit ihren wenigen Habseligkeiten in vollbepackten Bussen wieder in Gegenden zurückfuhren, in denen die Kämpfe nachgelassen hatten – wie Seenja, Sennar und Wad Madani. Eltern kehren vorsichtig in ihre Heimat zurück, in der Hoffnung, dass die Bedingungen stabil bleiben, damit sie ihr Leben wieder aufbauen können. Doch ich traf auch Familien, die kein Zuhause mehr haben, in das sie zurückkehren können. Ihre Dörfer sind verschwunden, ihre Gemeinden zerstört. Sie befinden sich in einem Zustand der Ungewissheit, mit wenig Hoffnung auf die Zukunft.

Die Lieferung humanitärer Hilfe wird weiterhin durch bürokratische und administrative Hindernisse bei der Beschaffung der notwendigen Genehmigungen in von bewaffneten Konflikten betroffenen Gebieten behindert. Der anhaltende Konflikt, ethnisch motivierte Gewalt und direkte Angriffe auf humanitäre Helferinnen und Helfer verschärfen die bereits kritische Lage. In manchen Gebieten haben Plünderungen und Gewalt dazu geführt, dass die Hilfe unterbrochen wurde.

Im vergangenen Jahr eskalierte die Nahrungskrise im Sudan zu einer Hungersnot. Wir haben bereits lange davor gewarnt und befürchten nun, dass sich die Ernährungssituation weiter verschlechtern wird. Seit April 2023 hat sich die Zahl der Menschen, die unter akuter Ernährungsunsicherheit leiden, verdreifacht. In mindestens fünf Gebieten herrschen Zustände einer Hungersnot, unter anderem in Camps für Vertriebene in Nord-Darfur sowie den westlichen Nuba-Bergen.

Wir befürchten, dass dieses Jahr voraussichtlich 3,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren an akuter Mangelernährung leiden. Schätzungsweise 770.000 Kindern droht schwere akute Mangelernährung, die lebensbedrohlichste Form der Mangelernährung. Das Risiko, dass ein schwer mangelernährtes Kind an Krankheiten stirbt, ist elfmal so hoch wie bei einem gesunden Kind.

Bei dieser Krise geht es jedoch nicht nur um Nahrungsmittel. Ohne sauberes Wasser, sanitäre Einrichtungen und medizinische Versorgung werden Kinder nicht überleben. In den von der Hungersnot betroffenen Gebieten ist die Grundversorgung zusammengebrochen.

Trotz der immensen Herausforderungen ist UNICEF weiter im Einsatz für Kinder. Im vergangenen Jahr haben wir:

  • 2,7 Millionen Kinder und Betreuende mit Programmen in den Bereichen psychosoziale Hilfe, Bildung und Schutz erreicht;
  • 9,8 Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser versorgt;
  • 6,7 Millionen Kinder auf Mangelernährung untersucht und 422.000 von ihnen mit lebensrettenden Maßnahmen erreicht.

Dieses Jahr werden wir weiterhin dringende Hilfe leisten und gleichzeitig dazu beitragen, die Grundversorgung wiederherzustellen und die Widerstandsfähigkeit der Menschen in den am stärksten betroffenen Gebieten zu stärken.

Sudan läuft Gefahr, eine ganze Generation zu verlieren. Wir rufen alle Konfliktparteien auf:

  • Humanitären Zugang für humanitäre Hilfe über Konfliktlinien und Grenzen hinweg zu gewährleisten;
  • Humanitäre Teams und Hilfsgüter zu schützen;
  • Finanzielle Mittel gemäß der immensen Not aufzustocken;
  • und die Gewalt zu beenden.

Die Kinder im Sudan können nicht warten. Die Welt muss handeln – sofort.“

Service für die Redaktionen:

Gerne stehen wir für Interviews zur Verfügung und vermitteln Gespräche mit unseren Teams vor Ort.

Bild- und Videomaterialien stehen hier zur Verfügung.

UNICEF ruft dringend zu  Spenden für die Kinder im Sudan auf.

Pressekontakt: 
UNICEF Deutschland, Christine Kahmann, Sprecherin, 0221/93650-315 oder 0159 04139723,  presse@unicef.de

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