Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)
Das tägliche Auf und Ab
Wenn Gerichte sich mit Personenliften befassen müssen (BILD)
Berlin (ots)
Wir benutzen ihn fast täglich und machen uns in der Regel keine Gedanken darüber. Der Aufzug gehört in vielen Büro- und Wohngebäuden schlichtweg zum Alltag. Nur wenn er mal stecken bleibt oder wegen Wartungsarbeiten tagelang ausfällt, werden wir uns dessen so richtig bewusst. Was die wenigsten Menschen wissen dürften: Es gibt in Deutschland auch eine umfangreiche Rechtsprechung zu diesem Thema, die der Infodienst Recht und Steuern der LBS in seiner Extra-Ausgabe vorstellt.
Meistens geht es bei den Lift-Fällen, die vor den Schranken der Gerichte landen, ums Geld. Also um die Frage, wer sich alles an den Wartungskosten beteiligen muss und ob der Einbau eines Aufzuges zur Erhöhung der Miete führen kann. Manchmal sind es auch Probleme mit der Verkehrssicherungspflicht - dann nämlich, wenn ein Lift nicht so funktioniert, wie er soll, und wenn dabei Menschen zu Schaden kommen.
Kann man eigentlich von jemandem verlangen, dass er die Aufzugkosten mitträgt, obwohl er gar keinen Nutzen davon hat? Hier ist die Rechtsprechung im Laufe der Jahre zu der Überzeugung gekommen, dass Erdgeschossbewohner in jedem Falle zahlen müssen. Zwar werden sie in der Regel selten damit fahren (vielleicht nur dann, wenn es einen Keller oder einen Dachboden gibt), aber der Lift ist nun mal ein Bestandteil des gesamten Objekts. Ähnlich wie ein Gemeinschaftsgarten, den ja auch nicht alle in gleichem Umfang nutzen. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 103/06) wies mit dieser Begründung die Klage von Bewohnern einer Seniorenanlage zurück, die ihr Appartement im Erdgeschoss hatten und deswegen nicht bezahlen wollten. Die Umlage benachteilige den Mieter "nicht unangemessen", befanden die Richter.
Anders sieht es aus, wenn der Mieter nicht einmal theoretisch die Chance hat, einen Lift zu nutzen, weil er nämlich in einem anderen Gebäudeteil wohnt. So ging es einem Mieter in Berlin, dessen Wohnung im vierten Stock eines Quergebäudes lag, während der Aufzug nur das Vorderhaus bediente. Es schien dem Betroffenen dann doch ungerecht, dass er trotzdem einen finanziellen Anteil leisten sollte. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 128/08) befreite ihn davon. Es sei in der Rechtsprechung "anerkannt", dass die komplett "ausgeschlossenen" Mieter nicht beteiligt werden dürfen.
Manchmal bereitet der nachträgliche Einbau eines Aufzugs Ärger - zum Beispiel deswegen, weil es vor Ort eine Erhaltungsverordnung gibt, die mietpreiserhöhende Modernisierungen verbietet. Genau das war das Problem in Berlin-Pankow. Zwar war grundsätzlich schon ein Lift genehmigt, beim nachträglichen Wunsch eines weiteren Zwischenhalts stellte sich die Behörde jedoch quer. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen OVG 10 B 9.11) wollte jedoch im konkreten Fall nicht so streng sein. Es sei hier ja nur darum gegangen, den zeitgemäßen Ausstattungsstandard einer Wohnung zu sichern. Zudem handle es sich hier nicht um ein Gebiet mit überdurchschnittlich hoher Verdrängungsgefahr für Altmieter.
Auch Aufzüge werden alt. Es ist eine logische Folge dieser Erkenntnis, dass bei einem mehrere Jahrzehnte alten Objekt nicht alle technischen Neuerungen eingebaut sein können. Im Raum Frankfurt etwa stoppte ein Lift in einem Parkhaus 40 Zentimeter, bevor er das Bodenniveau erreicht hatte. Eine ältere Dame stürzte, verletzte sich schwer und verklagte den Betreiber wegen einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 3 U 169/12) sah dies nicht so. Der Eigentümer des Objekts könne nachweisen, dass der Lift regelmäßig fachkundig gewartet worden sei, letztmals zwei Tage vor dem Unfall. Mehr dürfe man nicht erwarten. Es handle sich um eine technische Störung, wie sie immer wieder mal vorkommen könne.
Eine besonders unangenehme Nachricht erhielt eine gehbehinderte Frau, die im vierten Stock eines Mehrparteienhauses wohnte, von ihrem Vermieter. Der Lift sei nach Ansicht der Aufsichtsbehörde bald nicht mehr zu betreiben (unter anderem wegen fehlender Notrufeinrichtungen) und solle deswegen modernisiert werden. Allerdings müsse sich die Mieterin daran beteiligen, selbst wenn das nicht in ihrem Vertrag vorgesehen sei. Das Amtsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 48 C 15468/10) stellte sich jedoch voll auf die Seite der Mieterin: Sie habe erstens ein Recht auf Weiterbetrieb des Aufzuges und müsse sich zweitens an den dafür nötigen Kosten nicht beteiligen.
Muss eine private Pflegekasse für die Wartungskosten eines Treppenliftes aufkommen? So stellte es sich jedenfalls eine Klägerin vor, die einige Jahre zuvor bereits einen Zuschuss der Kasse für den Einbau dieses Hilfsmittels erhalten hatte. Nun war sie der Überzeugung, auch die Wartung müsse bezahlt werden. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen L 4 P 2397/10) lehnte dies ab. Es handle sich um kein Hilfsmittel im Sinne der Pflegeversicherung, sondern um eine Maßnahme zur behindertengerechten Ausstattung einer Wohnung. Dafür sei der Höchstbetrag durch die Antrag¬stellerin bereits ausgeschöpft.
Mieter müssen grundsätzlich nicht alle laufenden Kosten eines Aufzugs tragen, sondern (unter anderem) nur den Strom, die Prüfung der Betriebsbereitschaft und die Pflege. Bei größeren Reparaturen ist der Eigentümer gefragt. Das Problem: Manchmal sind beide Kategorien gar nicht auseinander zu halten, weil mit einer Lift-Firma ein Vollwartungsvertrag besteht, in dem alles enthalten ist. Aber auch hier fand das Amtsgericht Bonn (Aktenzeichen 8 C 451/06) eine Lösung. Es schlug in einem Rechtsstreit vor, dass von den Gesamtkosten 35 Prozent abgezogen werden sollten und nur der Restbetrag auf die Mieter umgelegt werde.
Im Regelfall müssen Eigentümer, wenn sie größere Modernisierungen an einem Objekt vornehmen wollen, dies den Mietern vorher ankündigen. Ein Hausbesitzer in Berlin hatte das nicht ordnungsgemäß getan und einen Aufzug einfach ungefragt in das Gebäude einbauen lassen. Deswegen wollte eine Mieterin aus dem zweiten Stock die Mieterhöhung für diese Maßnahme nicht mittragen. Doch der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 164/10) widersprach der Mieterin. Sie müsse bezahlen, denn der Gebrauchswert der Mietsache sei durch den Umbau unstreitig nachhaltig erhöht worden.
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