Stopp den Krebsgenen
Nürnberg/Frankfurt (ots)
Mit der RNA-Interferenz hat Birgit Spänkuch-Schmitt von der Universität Frankfurt/Main ein wichtiges Onkogen still gelegt. Der viel versprechende Ansatz ist gestern mit einem Graduierten-Stipendium der Novartis-Stiftung prämiert worden.
Vom Fachblatt "Science" als Entdeckung des Jahres 2002 gefeiert, gilt die "RNA-Interferenz" auch als eine der größten Hoffnungen im Kampf gegen Krebs und Viruserkrankungen wie Aids. Kein Wunder: Mit dem Verfahren lassen sich ganz gezielt Gene ausschalten, die maßgeblich an der Entstehung dieser Leiden beteiligt sind. In ersten Versuchen hat Birgit Spänkuch-Schmitt von der Universität Frankfurt/Main mit der neuen Methode Zellen verschiedener Tumoren in den Selbstmord getrieben. Nun will die Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Klaus Strebhardt ein System entwickeln, um den gleichen Effekt im lebenden Organismus zu erzielen. Dafür hat die 30-jährige jetzt ein Graduiertenstipendium der Nürnberger Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung bekommen.
Kurze RNA-Schnipsel lassen Gene verstummen
Gene sind Ketten von chemischen Buchstaben auf dem inzwischen weltberühmten Erbfaden DNA. Jedes Gen wird zunächst in eine entsprechende "Boten-RNA" (mRNA) übersetzt, nach deren Buchstaben-Abfolge die Zelle Proteine herstellt. Proteine bauen einen Organismus auf und halten seinen Stoffwechsel am Laufen. Bei der RNA-Interferenz schleusen die Forscher künstlich hergestellte und zu einem ganz bestimmten Gen "passende" RNA in eine Zelle ein. Über einen Komplex aus kurzen RNA-Schnipseln (siRNA) und Enzymen führt dies zur Zerstörung der avisierten mRNA. Damit "ist das ursprüngliche Gen auf der DNA zwar noch intakt", sagt Spänkuch-Schmitt, "aber es bleibt stumm." Alle anderen Erbfaktoren indes arbeiten unbehelligt weiter. Der entscheidende Durchbruch war die Entdeckung, dass die eingeschleusten siRNAs genau 21 Buchstaben umfassen müssen. Nur so können sie offenbar dem Immunsystem entgehen.
Zu den hervorstechenden Merkmalen von Tumorzellen gehört, dass sie sich unkontrolliert teilen. Dafür wird unter anderem das Enzym Polo- Like Kinase 1 (PLK1) in rauen Mengen produziert - ungleich mehr als in gesunden Zellen. Entsprechend ist das Gen für PLK1 etwa in den Zellen von Lungen-, Eierstock- oder Hauttumoren überaktiv. Mit einer spezifischen siRNA ist es Birgit Spänkuch-Schmitt in Versuchen mit Krebszellen gelungen, die Massenproduktion von PLK-1 zu stoppen. Mehr noch: Im Zuge des Eingriffes lösten die Tumorzellen ein natürliches Selbstmordprogramm aus und starben ab. "Dafür brauchten wir nur geringe Mengen der siRNA", erklärt die Biochemikerin. Erst 350 Mal mehr siRNA hemmte das Gen in gesunden Zellen - und das auch nur vorübergehend. Diese Erkenntnis ist wichtig, da die gesunden Zellen von einer möglichen Krebstherapie verschont bleiben sollen. Falls der neue Ansatz jemals am Menschen erprobt wird", erwartet Spänkuch-Schmitt deshalb, "nur minimale Nebenwirkungen." Das wäre ein Traum: Gängige Krebsbehandlungen wie die Chemotherapie sind berüchtigt für ihre schweren Begleiterscheinungen wie Erbrechen oder ein geschwächtes Immunsystem.
Lebende Transportsysteme ersetzen Elektroschocks
Bis dahin sind allerdings noch einige Hürden zu überwinden. Das Problem: Es ist schwierig, die kleinen RNA-Moleküle intakt und in großer Zahl in eine Zelle einzuschleusen. Bis dato nutzt man dazu kleine Fettkügelchen, Elektroschocks oder die so genannte Mikroinjektion. Derlei Methoden funktionieren in Zellkultur inzwischen sehr gut. Dennoch hält die Wirkung nur kurz an, denn früher oder später werden auch die relativ stabilen kleinen RNA- Moleküle abgebaut. Vor allem aber taugen diese Verfahren nicht für die Behandlung eines ganzen Organismus, wie etwa eines Menschen.
Doch zeichnen sich neue Lösungen ab - mit lebenden Transportsystemen. So hat Birgit Spänkuch-Schmitt ein von Bakterien produziertes "Plasmid" systematisch neu bestückt - mit der wichtigen PLK1-spezifischen siRNA und bestimmten Kontrollgenen. Einmal in eine Zelle eingeschmuggelt, kann dieses Konstrukt zumindest eine Zeit lang selbstständig die nötige siRNA nachliefern. Sollte der Körper das Vehikel nach einigen Tagen doch zerstören, müsste man die Therapie wiederholen. "Das ginge wahrscheinlich problemlos", sagt die Preisträgerin. Nun will sie das System in Zell- und vor allem Tierversuchen testen. Verlaufen diese erfolgreich, sind weitere Anwendungen denkbar - beispielsweise in der Therapie von Aids und vielen weiteren Viruserkrankungen.
Die Novartis-Stiftung für therapeutische Forschung in Nürnberg gehört zu den ältesten und größten Unternehmensstiftungen in Deutschland. Ihr Stiftungsvolumen umfasst jährlich etwa 650.000 Euro.
Die Novartis AG (NYSE: NVS) ist ein weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Pharma und Consumer Health. Im Jahr 2002 erzielte der Konzern einen Umsatz von USD 20,9 Milliarden und einen Reingewinn von USD 4,7 Milliarden. Der Konzern investierte rund USD 2,8 Milliarden in Forschung und Entwicklung. Novartis hat ihren Sitz in Basel (Schweiz). Die Novartis Konzerngesellschaften beschäftigen rund 77.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in über 140 Ländern. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter http://www.novartis.com.
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