Kriminalbiologe Dr. Mark Benecke in "DEUTSCHE POLIZEI"-Interview: In Krimis sind Chemie und Biologie oft nur Lametta
Berlin. Bedingt durch eine zunehmend geringere Insektenvielfalt wird nach Auffassung des international bekannten Kriminalbiologen Dr. Mark Benecke die Aufklärung ungelöster Todesfälle schwieriger. "Vor dreizehn Jahren ist das Insektenproblem erstmals aufgefallen. Da starben uns im Sommer die Schmeißfliegen weg, deren Larven wir als kleine Uhren zur Leichenliegezeit-Bestimmung verwenden", sagte der Wissenschaftler in einem Interview mit der Zeitschrift "DEUTSCHE POLIZEI" (Februar-Ausgabe). Beim Betrachten alter Fälle staune man, "was da alles an Insekten, Spinnentieren, Asseln, Schnecken und Krabblern aller Art an den Leichen war", verdeutlichte Benecke, der Anfang Januar in Erfurt zum Ehrenmitglied der GdP Thüringen ernannt worden war.
Was die forensischen Wissenschaften angehe, so der weltweit beschäftigte Experte weiter, sei der öffentliche Dienst hierzulande gut aufgestellt, es mangele nur an Stellen. "Bei mir war es beispielsweise so, dass ich bei der Kölner Polizei nach meiner USA-Rückkehr nur deshalb nicht angestellt werden konnte, weil es keine Stellen für wissenschaftliche Akademiker gab, nachdem eine Umstellung auf 'nur Polizei bei der Polizei' erfolgt war. Ich habe daraufhin gesagt, dass sie mich halt einfach als technischer Angestellter oder Regierungsangestellter einstellen sollen. Das war aber verboten: zu niedrige Einstufung - obwohl mir diese völlig egal war und ist", erläuterte Benecke der Mitgliederzeitschrift der Gewerkschaft der Polizei (GdP).
Freuen würde sich der 47-Jährige, der mit seinen kriminal-biologischen Shows und Vorträgen seit Jahren zahlreiche, meist ausverkaufte Auftritte absolviert, wenn Polizeibeamtinnen und -beamte ein bisschen Neugierde für seine Profession mitbrächten. "Hilfreich ist es, wenn alles gut fotografisch dokumentiert ist, siehe Tatort-Kärtchen, und man zumindest mal über das spricht, was vorhanden ist, zum Beispiel etwa Insekten, oder was da sein müsste, aber fehlt, wie womöglich Blut." Das Vernichten von womöglich wertvollem Beweismaterial sei ja weniger das Problem, stellte Benecke fest. "Mit jedem Schritt am Tatort vernichten wir ja irgendetwas."
Mit Blick auf die Diskussion um Tätowierungen bei Polizeibeamtinnen und -beamten spricht sich der Forensik-Spezialist für eine deutlich entspannte Handhabung aus. "Da ein Drittel der 25- bis 35-Jährigen tätowiert ist, sollten wir lieber darüber reden, welche Tattoos gehen und welche nicht. Immerhin wurde jüngst nach jahrelangen Prozessen entschieden, dass Nazi-Tattoos nicht gehen. Dass - wie in Hessen - jedoch eine Bewerberin abgelehnt wird, weil sie ein Zitat aus dem "Kleinen Prinzen" auf dem Arm trägt, finde ich superpeinlich", betonte Benecke, der dem 2011 gegründeten Verein "Pro Tattoo" vorsitzt.
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