Senta Berger: "Wir haben keine Kinostars"// Deutschlands beliebteste Schauspielerin über Menschen von anderen Planeten, Medien und die Magie des Kinos.
München (ots)
Sonntag, 20. Dezember, 22.30 Uhr auf Tele 5: 'Das Quiller Memorandum: Gefahr aus dem Dunkel' mit Senta Berger
Tele 5: Sie sind über 60, die meisten Kollegen, mit denen sie drehen, sind jünger. Kommen Sie sich heute alt vor?
Senta Berger: Die Jüngeren heute sind ganz anders. Ich staune. Und ich lerne dazu. Ich habe das Glück in einem Beruf zu arbeiten, in dem es die üblichen Altershierarchien nicht gibt. Trotzdem fühle ich manchmal eine große Distanz zu den Jüngeren. Meine Söhne sind in den Dreißigern, aber ich lerne natürlich auch ganz junge Menschen kennen; die sind zwanzig, und die sind wie von einem anderen Planeten. Kinder, die in die Computer-Welt hineingeboren sind, die das ganz selbstverständlich - wie wir früher Spielzeuge benutzt haben - gebrauchen, die haben einen ganz anderen Umgang miteinander und mit Erwachsenen.
Wie viel von einem selber muss denn in einer Figur liegen, wenn man eine Rolle gut spielen will?
Ich bin es nicht selber. Es ist mein Körper, es sind meine Hände, meine Haare, mein Gang. Manchmal denke ich mir aber auch einen anderen Gang aus. Alles, was ich mir zumindest in der Phantasie ausdenken kann, kann ich auch spielen. Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass ich "Othello" spiele, denn ich kann mir einen Mord aus Eifersucht und Demütigung vorstellen. Aber ich könnte meinen Mann nicht umbringen. [Lacht]
Können Zweifel produktiv sein?
Unbedingt. Ich habe gelernt, mit meinen Zweifeln zu leben. Und auch mit den Zweifeln zu arbeiten. Mittlerweile denke ich, dass mich die Zweifel niemals verlassen werden. Das ist vielleicht sogar mein Kredit, mein Kapital.
Das Kino braucht Stars. Wissen wir unsere Stars und das Können von Schauspielern in Deutschland ausreichend zu würdigen?
Wir haben Fernsehstars. Wir haben keine Kinostars. Vielleicht ändert sich das jetzt. Ich hoffe sehr. Die Qualität ist da: Wenn ich mir die deutschen Schauspieler der jüngeren und allerjüngsten Generation anschaue, dann bin ich richtig glücklich, dass ich diesen Beruf habe. Die gefallen mir, die imponieren mir, die beeindrucken mich. Dann schlage ich die bunten Blätter auf. Und was sehe ich? Ich sehe Reportagen über Angelina Jolie, über Tom Cruise. Ich appelliere an die Medien: Wir brauchen Sie! Wir brauchen keine besondere Protektion, wir müssen einfach nur mal vorgestellt werden.
In den 1960er Jahren haben Sie auch in Amerika gedreht.
Dann bekam ich in Deutschland keine Rollen mehr, weil ich als "Hollywoodstar" galt. Ein "Hollywoodstar" war das Letzte, was man unter den jungen deutschen Filmregisseuren haben wollte. In Amerika wiederum galt ich nicht als Star, sondern als "upcoming movie actress" oder so ähnlich. Ich spielte Deutsche, Tschechinnen, russische Spioninnen, israelische Widerstandskämpferinnen. Ich durfte nie eine Amerikanerin spielen. Denn so gut kannst du gar nicht Englisch sprechen. Ich hatte keinen Akzent, aber weil ich keinen hatte, konnte man auch nicht sagen: Die kommt aus Atlanta oder aus New York.
Wie sind die Arbeitsbedingungen für eine Schauspielerin heute im Vergleich zu früher?
Der magische Ort Kino wird bleiben. Aber nicht so, wie es mal war. Dass es in jedem Viertel ein Stammkino an der Ecke gab. Ich hatte auch so ein Kino - mein Gott, ja! Das gibt es alles nicht mehr. Aber Geschichten werden erzählt werden. Natürlich wünschen wir uns die besten Bedingungen - die wir aber nicht immer haben. Dass das Fernsehen sich gelegentlich auch schwieriger Themen annimmt, ist wirklich mehr als ehrenwert. Aber natürlich haben solche Filme nicht denselben Etat wie Rosamunde Pilcher etwa. - "Mrs. Brown, guten Morgen." "Wie geht es Ihnen Lady Dark?" "Very good" - dieser ganze Schmonzes.
Wie sehen Sie die Zukunft des deutschen Kinos?
Die Filmförderung hat in den letzten Jahren eine andere Szene geschaffen: Es werden sehr viel mehr gute Filme gemacht als noch vor fünf Jahren. Und man holt amerikanische Produzenten ins Land. Das hat den Nachteil, dass diese sehr reichen Produktionen sehr wenig Steuern bezahlen müssen, wenn sie in Deutschland drehen. Aber es hat auch den Vorteil, dass die Amerikaner sehen, dass hier sehr gute Künstler sind: Nicht nur Schauspieler, auch Ausstatter, tolle Bühnenbildner, tolle Kameraleute. Wir können das. Wir sind sehr, sehr gut!
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