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Lausitzer Rundschau: Klarer Wahlsieg für Erdogan und AKP in der Türkei Zwischen den Welten

Cottbus (ots)

Die moderne Türkei ist nach dem deutlichen
Wahlsieg von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP mehr 
denn je das, was sie schon in den Jahrzehnten zuvor war - ein Land 
zwischen den Welten: zwischen christlich geprägtem Abendland und 
islamisch dominiertem arabischen Raum, zwischen der Hinwendung zu 
demokratischen Werten und dem Einfluss der Militärs, zwischen Distanz
zu Europa und den USA und gleichzeitiger Ablehnung autokratischer 
Regimes in der Nachbarschaft.
Die türkischen Wähler haben aber auch Klarheit geschaffen. Sie wollen
weiterhin wirtschaftlichen Erfolg. Sie wollen ein Rechtssystem, das 
ihnen Sicherheit verschafft, und sie wollen den Vorrang der 
politischen Klasse gegenüber den Generälen. Für all das stand und 
steht der Wahlsieger. Dass der 53-Jährige gleichzeitig sein Land in 
die EU führen möchte, ist offenbar auch Wunsch seiner Wähler oder 
schreckt sie zumindest nicht.
Dennoch bleibt die Türkei auch innenpolitisch ein gespaltenes Land. 
Denn so wie die AKP-Wähler pro EU-Beitritt sind oder diesen 
tolerieren, so stimmten auch 35 Prozent für die Parteien CHP und MHP,
die die Mitgliedschaft in der Union ablehnen. Die nationalistische 
MHP möchte sogar Lager kurdischer Kämpfer im Irak angreifen und 
"Terroristen" hinrichten lassen. Dagegen machte sich die AKP für die 
Kandidatur von 700 unabhängigen, vielfach kurdischen Politikern 
stark. 27 von ihnen wurden ins Parlament gewählt. Diese und weitere 
Gegensätze muss der Wahlsieger austarieren, will er weiter 
erfolgreich Politik gestalten.
Einen ersten Hinweis auf Erdogans Vorgehen wird die erneute Wahl des 
Staatspräsidenten geben. Die AKP benötigt hier die Zustimmung anderer
Abgeordneter. Kompromisse sind gefragt. Erdogan kann mit der 
Kandidatenfindung und der Person des Kandidaten selbst ein Signal 
senden sowohl an das Militär als auch an die bislang AKP-skeptischen 
Türken. Denn beide Gruppen befürchten die allmähliche Islamisierung 
des unter Staatsgründer Atatürk verweltlichten Landes.
Erdogan steht jetzt vor der Herausforderung, für sein Land ein 
Gesellschaftsmodell aus demokratischen und religiösen Elementen zu 
schmieden, deren Symbiose bisher überall gescheitert ist. Gelingt 
aber dieser Kraftakt, der der Modernisierung des Landes unter Atatürk
im vergangenen Jahrhundert gleichkommen würde, wäre es wohl nicht 
vermessen, Erdogan neben den "Vater der Türken" zu stellen.

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Fax: 0355/481247
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