Lausitzer Rundschau: Bundeswehr soll schnelle Eingreiftruppe in Afghanistan stellen Überzeugungsarbeit nötig
Cottbus (ots)
Seit Wochen wurde seitens der Nato die Forderung nach einer schnellen Eingreiftruppe der Bundeswehr erwartet. Jetzt liegt sie auf dem Tisch. Die Soldaten sollen im Norden Afghanistans eine überaus gefährliche Aufgabe übernehmen, militärisch gegen Terroristen vorgehen und mögliche Evakuierungen absichern. Nach dem Einsatz der Tornados, über den in Deutschland heftig gestritten worden war, ist diese Mission von einer neuen Qualität. Sie umfasst erstmals unstrittig direkte Kampfeinsätze. Wenngleich Berlin längst Zustimmung signalisierte und sich bereits vor der konkreten Anfrage zur Nato-Bündnissolidarität bekannt hat, wird in Deutschland darüber geredet werden müssen. Schon, weil die Soldaten einen größtmöglichen Rückhalt in ihrer Heimat brauchen. Allein, zu argumentieren, solch ein Einsatz sei mit dem bestehenden Bundestagsmandat gedeckt, reicht da nicht aus. Intensive Überzeugungsarbeit ist von jenen gefordert, die über eine solche Mission entscheiden, die viele Soldaten das Leben kosten kann. Zu einfach macht es sich die Linke, die gestern sofort wieder den kompletten Abzug aus Afghanistan gefordert hat. Wenngleich die Sorgen in der Bevölkerung zutiefst verständlich sind. Die Befürchtung, ohne Ausweg dauerhaft in einen opferreichen Krieg verwickelt zu werden, macht Angst. Zumal seit gestern auch noch Forderungen nach mehr Nato-Truppen im weitgehend von Taliban beherrschten Süden laut werden. Aber was ist die Alternative? Was geschähe, wenn sich der Westen jetzt zurückzöge? Das jahrzehntelang von Krieg, Not, Anarchie und Drogenhandel gebeutelte Land am Hindukusch würde unter der Taliban-Herrschaft wahrscheinlich wieder in mittelalterlichen Zuständen versinken. Zugeben, in den vergangenen Jahren hat sich die Lage nur in einem kleinen Landesteil, in der Region um Kabul, verbessert: Mädchen können zu Schule gehen, studieren. Auf Märkten ist es wieder möglich, friedlich zu handeln, Aufbauprojekte kommen voran. Es gibt eine, wenngleich nicht unumstrittene, demokratisch gewählte Regierung. Sollte das aufgegeben werden? Oder ist es nicht vielmehr notwendig, sich bewusst auf eine sehr lange Zeit des Engagements in Afghanistan einzustellen? Dann muss sich die Bundesregierung, ebenso wie ihre Partner in den anderen Nato-Ländern, deutlicher und ehrlicher zu diesem langen Atem bekennen - vor der Bevölkerung und vor den Soldaten, die ihr Leben einsetzen. Zudem gilt es, deutlich mehr Anstrengungen zu unternehmen als bisher, um die Lage der afghanischen Bevölkerung zu verbessern. Zum einen, um in ihren Reihen mehr Vertrauen und Rückhalt zu schaffen. Zum anderen, weil die Menschen in den Heimatländern der Soldaten nur mit deutlich sichtbaren Fortschritten beim Wiederaufbau von der schwierigen Mission überzeugt werden können.
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