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Lausitzer Rundschau: Mitgliederschwund bei SPD und CDU Volksparteien ohne Volk

Cottbus (ots)

Es gibt noch Politikentwürfe, für die wir uns
begeistern können. Und wenn wir selbst begeistert sind, können wir 
auch andere begeistern. - Beide Sätze stammen von dem prominentesten 
der vielen Mitglieder, die die SPD in den vergangenen Jahren verloren
hat. Gesprochen wurden sie im Jahre 1995. Und derjenige, der die 
Delegierten des legendären Mannheimer Parteitags damit zu 
Beifallsstürmen trieb, war am Ende Vorsitzender der altehrwürdigen 
SPD.
Mittlerweile ist die Begeisterung der Sozialdemokraten für Oskar 
Lafontaine zwar deutlich abgekühlt. Damals aber hat er eine Saite im 
Parteivolk zum Klingen gebracht - einfach nur, indem er glaubhaft 
versicherte: Es lohnt sich, bei unserer Sache mitzumachen. Lafontaine
selbst hat dieses Versprechen freilich in nur sehr eingeschränktem 
Maße einlösen können, als es darum ging, in Regierungsverantwortung 
Politik zu gestalten. Geblieben ist das Dilemma seiner ehemaligen 
Partei, der die Mitglieder in Scharen weglaufen. Und der CDU geht es 
nicht viel anders. Zwar hat sie die SPD jetzt als mitgliederstärkste 
Partei abgelöst, aber es ist ein Wettlauf nach unten, in dem die 
Christdemokraten nur deshalb etwas besser dastehen, weil sie weniger 
Mitglieder verlieren. Den Volksparteien geht das Volk verloren. Und 
sie sind zu einem großen Teil selbst schuld daran. Die 
innerparteiliche Willensbildung verläuft mittlerweile fast immer 
strikt von oben nach unten. Und wenn die Basis mal nicht mitmachen 
will, wird sie mit Rücktrittsdrohungen auf Linie gebracht. Oder mit 
jenem Argument, das jede Begeisterung im Keime erstickt: dem 
Sachzwang. Hinzu gesellt sich die zunehmende Tendenz - Stichwort: 
Globalisierung - auf äußere Faktoren zu verweisen, um politisches 
Handeln oder Nicht-Handeln zu rechtfertigen. Das einfache 
Parteimitglied sieht sich jeglicher Einflussmöglichkeit beraubt - und
geht. Die Entwicklung wird andauern, so lange Politik sich im 
Klein-Klein des Alltagsgeschäft verliert, ohne wenigstens ab und zu 
mal eine mitreißende Zukunftsvision zu entwerfen - und zwar ohne den 
sofortigen Verweis darauf, dass all dies natürlich nichts kosten 
darf. Ansätze gäbe es genug: Ein ernst gemeintes Projekt etwa, das 
deutsche Bildungssystem auf internationales Top-Niveau zu heben, 
würde auf viel Zustimmung stoßen. Auch - oder gerade weil - es nicht 
zum Nulltarif zu haben ist.
Dass Politik mehr sein kann als uninspirierte bloße Verwaltung der 
öffentlichen Angelegenheiten war jüngst in Berlin zu bestaunen. Manch
einem der 200 000 Menschen, die dort die Rede des designierten 
Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten, Barack Obama, 
verfolgten, mag dabei durch den Kopf gegangen sein: Es gibt noch 
Politikentwürfe, für die wir uns begeistern können.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
Fax: 0355/481247
lr@lr-online.de

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