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Lausitzer Rundschau: Regierungsbericht zur deutschen Einheit
Licht und Schatten

Cottbus (ots)

Wer die neuen Bundesländer durch das Autofenster
betrachtet, dem muss die Dauerdiskussion um eine Angleichung der 
Lebensverhältnisse in Ost und West befremdlich erscheinen. Die 
Altstädte von Görlitz und Bautzen sind mittlerweile genauso topp wie 
die von Bamberg oder Schwäbisch-Hall. Kein Wunder. Denn was da 
zwischen Ostsee und Thüringer Wald erstrahlt, wurde erst in den 
vergangenen 19 Jahren geschaffen. Die Fassaden sind zweifellos in 
Schuss. Doch dahinter bleibt noch viel zu tun. Gemessen an den 
ökonomischen Grunddaten hinkt der Osten dem Westen weiter hinterher. 
Das Wachstum ist deutlich niedriger und die Arbeitslosigkeit doppelt 
so hoch. Aber die Relation lässt hoffen: Wenn heute in den neuen 
Ländern eine halbe Million Menschen weniger zum Kundenkreis der 
Arbeitsagenturen zählt als noch vor drei Jahren, dann hat das auch 
mit erfolgreichen Industrieansiedlungen und einer gezielten 
Förderpolitik zu tun.
In Zukunftsbranchen wie der Solarwirtschaft braucht der Osten 
jedenfalls keinen Nachhilfeunterricht. Solche Erfolge stehen 
allerdings nicht für die gesamte ostdeutsche Wirklichkeit.
Es gibt Boom-Regionen, und es gibt strukturschwache Gebiete. Das 
Problem ist, dass letztere deutlich überwiegen. Und bei nüchterner 
Betrachtung dürfte sich daran auch in Zukunft kaum etwas ändern. Wer 
jünger ist und fit, zieht der Arbeit hinterher. Wer das nicht kann 
oder will, bleibt in Hartz-IV-Hochburgen zurück. Nicht zuletzt aus 
solchen Tatsachen speist sich bei vielen Neubundesbürgern das Gefühl,
Deutscher zweiter Klasse zu sein. Zur Wahrheit gehört freilich auch, 
dass die Stimmung im Osten mitunter schlechter als die Lage ist. 
Ostdeutsche Rentner sollten wenigstens zur Kenntnis nehmen, dass ihre
gesetzlichen Altersbezüge sowohl bei Frauen als auch bei Männern 
deutlich über denen in den alten Ländern liegen. Seit dem Mauerfall 
kreisen alle Regierungsberichte zur deutschen Einheit immer wieder um
die gleiche Frage: Ist das Glas im Osten nun halbleer oder halbvoll? 
Bislang lässt sich festhalten, dass die neuen Länder dank eigener 
Anstrengungen und durch massive Finanzhilfen aus dem Westen weit 
vorangekommen sind. Aber die Mittel aus dem Solidarpakt werden in den
nächsten zehn Jahren kontinuierlich auf Null gefahren. Sage also 
keiner, der Osten könne sich dauerhaft auf Alimentierung einrichten. 
Im Gegenteil. Der Druck für einen selbst tragenden Aufschwung wird 
dramatisch wachsen. Fast zwei Jahrzehnte nach der deutschen Einheit 
gibt es Licht und Schatten. Eine Betrachtung nur durch die 
Autoscheibe wird der Entwicklung genauso wenig gerecht wie notorische
Schwarzseherei.

Pressekontakt:

Lausitzer Rundschau

Telefon: 0355/481231
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