Lausitzer Rundschau: Zurückhaltendes TV-Duell der Kanzlerkandidaten
Cottbus (ots)
Im Wilden Westen lief das so: Die Kontrahenten trafen - schwer bewaffnet und vorzugsweise um 12 Uhr mittags - aufeinander. Dann schossen sie aus allen Rohren. Und am Ende verließ nur einer die Walstatt wieder auf eigenen Beinen. So gesehen war das, was am Sonntagabend zur besten Sendezeit auf vier Kanälen über die Bildschirme lief, tatsächlich kein Duell im klassischen Sinne - und dem einen oder anderen professionellen Begleiter des Politikbetriebes war die Enttäuschung darüber durchaus anzumerken. Politiker haben es aber auch nicht leicht. Streiten sie sich zu arg, ist vom unerträglichen Parteiengezänk die Rede, und der Bürger droht mit Politikverdrossenheit. Sprechen sie vernünftig und sachorientiert miteinander, ist das Publikum zutiefst gelangweilt. Vor diesem Hintergrund haben sich Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier in ihrem "TV-Duell" so schlecht auch wieder nicht geschlagen. Klar: Konsens statt Konfrontation, war in weiten Teilen der Sendung das Motto. Aber hatte wirklich jemand ernsthaft erwartet, die Bundeskanzlerin und ihr Außenminister, die in den vergangenen vier Jahren ein gutes professionelles Arbeitsverhältnis entwickelt haben, würden nun plötzlich wie die Kesselflicker aufeinander eindreschen, als gäbe es kein morgen? Die durchsichtige Inszenierung eines Konflikts hätte beiden weit mehr geschadet als nun der Vorwurf übertriebener Zurückhaltung. Zumal die Veranstaltung dem Wahlvolk zwar keine große Schau, aber doch eine ganze Reihe wichtiger Erkenntnisse lieferte: 1.Das Zeug zum Kanzler hätten wohl beide (und angesichts des penetrant-besserwisserischen Auftritts der vier TV-Duell-Moderatoren ist es irgendwie beruhigend, dass uns auch weiterhin Angela Merkel oder Frank-Walter Steinmeier regieren werden und nicht Maybrit Illner oder Frank Plasberg). 2.Bei allem, berechtigten oder unberechtigten, Stolz auf die in der Großen Koalition gemeinsam geleistete Arbeit, wurden am Sonntagabend doch erhebliche Unterschiede zwischen Kanzlerin und Kandidat deutlich - in der Steuer- und Atompolitik ebenso wie etwa beim Mindestlohn. 3.Angesichts der gewaltigen Aufgaben, die aus der Finanzkrise resultieren, hätten beide - entgegen allen anderslautenden Beteuerungen - überhaupt nichts dagegen, die Zusammenarbeit in der bisherigen Konstellation nach dem 27.September fortzusetzen. Das war die entscheidende Botschaft des Abends, und Guido Westerwelle wird sie gar nicht gerne vernommen haben. Der Oberliberale mag sich aber damit trösten, dass weder Merkel noch Steinmeier in dieser Frage das letzte Wort haben. Ob die Große Koalition weitermachen darf/soll/muss, entscheidet am Ende allein der Wähler.
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