Lausitzer Rundschau: BdV-Chefin Erika Steinbach droht der Bundesregierung
Cottbus (ots)
Als "Lösung der Vernunft" bezeichnet Erika Steinbach, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), ihre jüngsten Vorschläge im Streit um die Besetzung des Rates der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung". Doch was als Kompromissangebot daherkommt, ist in Wahrheit eine Dreistigkeit von bemerkenswerten Ausmaßen. Und eine kaum verhüllte Form politischer Erpressung. Zwar erklärt sich Steinbach bereit, auf einen Posten im Stiftungsrat zu verzichten. Im Gegenzug aber soll ihr Verband mehr Sitze und damit einen größeren Einfluss in diesem Gremium bekommen. Zudem will der BdV künftig allein entscheiden dürfen, wen er dorthin entsendet - die lästige Notwendigkeit einer Zustimmung der Bundesregierung, von Steinbach als "politische Bevormundung" diffamiert, wäre vom Tisch. Offen bleibt in diesem Zusammenhang allerdings, ob in einem geänderten Stiftungsgesetz tatsächlich hochoffiziell festgelegt werden soll, dass der BdV jeden nominieren darf - außer Steinbach. Oder ob der Verband darauf spekuliert, dass seine Präsidentin irgendwann eben doch noch in den Stiftungsrat einziehen kann. Das allerdings wäre dann eine eher plumpe Falle. Für den Fall, dass sich die Entscheidungsträger in Berlin ihrer Art von Vernunft gegenüber nicht ausreichend aufgeschlossen zeigen, droht die BdV-Chefin offen mit Rückzug aus dem Stiftungsrat und Klage gegen die Bundesregierung. Inhalt und Ton dieser Forderungen machen es der Politik unmöglich, auf sie einzugehen, ohne jede Selbstachtung zu verlieren. Umso erstaunlicher waren gestern die überwiegend positiven Reaktionen aus den Reihen der Unionsparteien. Als besonders schmerzfrei erwies sich dabei CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, der die Steinbach-Forderungen allen Ernstes als "ausgestreckte Hand der Vertriebenen" deutete. Deutlich vernehmbares Schweigen kam hingegen von der FDP. Ihr Vorsitzender Guido Westerwelle hatte den Streit Ende Oktober in Polen neu entfacht, als er den Gastgebern bei seinem ersten Auslandsbesuch als Bundesaußenminister ohne Not öffentlich zusagte, Steinbach als Mitglied des Stiftungsrates zu verhindern. Das mag wohl kalkuliert gewesen sein oder auch ein tollpatschiger Ausrutscher auf noch ungewohntem Parkett - in der Sache ist Westerwelles Position gut begründet: Steinbach, 1943 als Tochter eines deutschen Besatzungssoldaten auf polnischem Gebiet geboren, ist vielen Polen ein rotes Tuch - nicht zuletzt, weil sie 1991 im Bundestag gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze votierte. Ihr Einzug in den Stiftungsrat verbietet sich schon deshalb, weil er - ungeachtet aller Verdienste, die sich die BdV-Chefin zweifellos erworben hat - Ziele und Arbeit der Stiftung gefährden würde. Steinbach mag das als zutiefst ungerecht empfinden. Aber wenn es ihr wirklich um die Sache, um Versöhnung, ginge, dann hätte sie schon längst selbst auf den Posten verzichtet. Stattdessen riskiert sie, das ganze Projekt gegen die Wand zu fahren. Erika Steinbach, so scheint es, geht es vor allem um Erika Steinbach.
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