Lausitzer Rundschau: Dauerbaustelle Bundeswehr Verteidigungsminister setzt Strukturkommission ein
Cottbus (ots)
Keine Frage, es ist eine gute Idee, die Strukturen der Bundeswehr von einer unabhängigen Kommission untersuchen zu lassen. Denn wer immer von innen Veränderungen vorschlägt, und sei er wie zu Guttenberg der Superstar des Kabinetts, wird an der Trägheit des Apparates scheitern. Dort gibt es in Jahrzehnten des Kalten Krieges entstandene Erbhöfe und Verkrustungen, die auch nach den Empfehlungen der Weizsäcker-Kommission im Jahr2000 nur teilweise beseitigt wurden. Zwar schaffte man es, mehr Personal dorthin zu gruppieren, wo es gebraucht wird, bei den Einsatzkräften, aber die strikt voneinander getrennten Waffengattungen mit ihren jeweils eigenen Hierarchien gibt es immer noch. Dazu das übergeordnete Ministerium, geteilt in einen Berliner Amtsitz und einen Hauptsitz Bonn, sowie die zahlreichen nebengeordneten Ämter. All das ist die Garantie, dass die Zahl der Häuptlinge die der Indianer stets überschreitet. Zu einer Armee im Kampfeinsatz passt das nicht, im Gegenteil. Die Doppel- und Dreifachstrukturen fördern die Neigung zur Verzögerung und sorgen dafür, dass Verantwortung hin- und her geschoben wird. Das führt zu Kostenexplosionen bei Rüstungsprojekten und kann, wie man an manchem Ausrüstungsmangel in Afghanistan sieht, auch tödlich enden. Allerdings nur für die Indianer. Zu Guttenberg hat sich also an Rolf Hochhuth orientiert, der mit dem Theaterstück "McKinsey kommt" beschrieben hat, wie man Abwicklungen vorbereitet: mit Experten. Nur das McKinsey jetzt Frank-Jürgen Weise heißt, der nicht nur ein freundlicher Herr ist, sondern auch Oberst der Reserve und als solcher der Bundeswehr auf das Innigste verbunden. Das freilich lässt an der Ernsthaftigkeit des Unternehmens zweifeln, auch wenn Weise als Chef der Bundesagentur für Arbeit täglich zeigt, dass er Organisationsreformen kann. Nur ist das in Nürnberg ein Fulltime-Job, und wäre es hier auch. Außerdem dürfen Weise und seine fünf Mitstreiter bestimmte heikle Fragen gar nicht stellen - zum Beispiel nicht die nach der Wehrpflicht. Anzunehmen ist deshalb, dass Guttenberg die Kommission lediglich nutzt, um seine eigenen Handlungsmöglichkeiten im Ministerium und in der Generalität zu stärken. Mit den Bundesländern, die auf ihre Standorte pochen werden, auch Nordrhein-Westfalen auf die Funktion der Bonner Hardthöhe, wird er sich nicht anlegen wollen. Das schränkt die Spielräume für Strukturreformen erheblich ein. Die Dauerbaustelle Bundeswehr bleibt also wohl noch länger in Betrieb.
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