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Lausitzer Rundschau: Der Castor-Transport und die Proteste
"Zusammenhalt" war einmal

Cottbus (ots)

Man musste kein Prophet sein, um zu wissen, dass die Proteste im Wendland gegen den Castor-Transport eine neue Dimension haben würden: Größer, breiter, vielfältiger - aber auch vergrämter und offenbar gewaltbereiter. Die Bundesregierung aus Union und FDP hat daran den größten Anteil. Mit ihrem Beschluss über die Laufzeitverlängerungen der Kernkraftwerke hauchte die Koalition der fast schon vergessenen Anti-Atomkraftbewegung neues Leben ein. Die Bilder dieses Wochenendes markieren vorerst den traurigen Höhepunkt des neu entfachten, gesellschaftlichen Konflikts. Zehntausende Demonstranten, die friedlich gegen den Castor-Transport protestieren, so viele wie noch nie. Vermummte, die die Gleise stürmen, und Polizisten, die die Schienen mit Schlagstöcken mühevoll verteidigen. Zu Erinnerung: "Zusammenhalt" steht ganz dick auf dem Koalitionsvertrag, den Kanzlerin Angela Merkel, ihr FDP-Vize Guido Westerwelle und CSU-Chef Horst Seehofer vor etwas mehr als einem Jahr unterzeichnet haben. Jetzt weiß man, was damit in der Energiepolitik vorrangig gemeint gewesen ist: der Zusammenhalt von Koalition und Energiekonzernen, weniger der von Politik und Bürgern. Denn man darf ja nicht vergessen: Der Atomausstieg der rot-grünen Regierung hatte die Einsicht in die Notwendigkeit von Castor-Transporten erhöht, auch, weil ein Ende absehbar gewesen ist. Das ist nicht zu bestreiten. Mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten hat die neue Bundesregierung dieses stille Abkommen mit den AKW-Gegnern einseitig aufgekündigt und die Uhr zurückgedreht. Fatal. Denn zwölf Jahre mehr Laufzeit für die alten Meiler bedeuten in der Folge auch zig Castortransporte mehr. Die Koalition wird ihren Atom-Fehler nicht rückgängig machen. So ist Politik, sie ist nur selten in der Lage, sich zu korrigieren. Insofern wird die nächste Bundestagswahl in der Tat darüber entscheiden, ob der energiepolitische Weg der Koalition von der Mehrheit der Menschen getragen oder ob er sich als Irrweg entpuppen wird. Die  Opposition sollte sich diesbezüglich nicht zu sicher sein: Der Protest-Tourismus der Berliner Politpromis ersetzt keine inhaltlichen Alternativen. Er schreckt eher ab. Es wirkt schließlich ziemlich bizarr, wenn sich der Linke Gregor Gysi für ein paar nette Bilder im Wendland auf den Traktor schwingt, und wenn Grüne und SPD jetzt so tun, als ob sie in der Endlagerfrage nicht selbst grandios versagt hätten. Sollte der nächste rot-grüne Regierungsversuch in drei Jahren Realität werden, müssen auch die jetzigen Edel-Protestler wieder unliebsame Entscheidungen treffen. Wer anderes vorgibt, ist ein Hochstapler.

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