Lausitzer Rundschau: Auf dem Anklagebett Ex-KZ-Wächter Demjanjuk zu fünf Jahren Haft verurteilt
Cottbus (ots)
Es mag eine Geschmacksfrage sein, ob man die Bilder von dem 91-jährigen John Demjanjuk im Gerichtssaal als Genugtuung empfindet oder als notwendiges Übel. Keinen Zweifel kann es dagegen daran geben, dass der alte Mann genau dort hingehörte: auf die Anklagebank beziehungsweise das Anklagebett. Ob er dort den Schwerkranken gemimt hat oder ihm tatsächlich die Kräfte schwinden, ist dabei zweitrangig. Demjanjuk war prozessfähig. Der Vorwurf der Beihilfe zu einem Menschheitsverbrechen wiegt allemal schwer genug, um das unschöne Verfahren zu rechtfertigen. Denn der Schuldspruch weist über die Frage der richtigen Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen hinaus. Das Signal geht an alle Tyrannen und ihre Helfershelfer, mögen sie Gaddafi, Lukaschenko oder eben Demjanjuk heißen: Der Arm von Recht und Gesetz reicht in Zeit und Raum weit, lautet die Botschaft, die von München ausgeht. Entscheidend aber ist das faire Verfahren an sich. Um dies zu ermöglichen, darf und muss man einem Schwerverbrecher sogar ein Bett in den Gerichtssaal schieben. Kein Ruhmesblatt für die Juristenzunft hat dagegen Demjanjuks Verteidiger Ulrich Busch abgegeben. Den Ukrainer zu einem Sündenbock für Verfehlungen der deutschen Nachkriegsgesellschaft bei der Verfolgung der Nazi-Bosse aufwerten zu wollen, ist billig. Solche Versäumnisse gab es durchaus. Aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Im Übrigen wird man es einer vom Weltkriegstrauma erschütterten Nation zu gestehen dürfen, dass sie im Laufe der Jahrzehnte hinzulernt.
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