Lausitzer Rundschau: Starker Rechtsstaat Zum Grundsatzurteil über die Entschädigung für Gewaltverbrecher
Cottbus (ots)
Ein Schmerzensgeld für Verbrecher, die wegen Vergewaltigung und versuchten Mordes verurteilt wurden? Diese Nachricht dürften viele Bürger mit Unverständnis und Fassungslosigkeit quittieren. Trotzdem ist dem Landgericht Karlsruhe nichts vorzuwerfen. Denn auch den schlimmsten Straftätern steht hierzulande eine rechtsstaatliche Behandlung zu. Genau die war aber nicht gegeben, als deren Sicherheitsverwahrung im Nachhinein praktisch bis zum St. Nimmerleinstag ausgedehnt werden konnte. So mussten die vier Kläger bis zu zwölf Jahre länger hinter Gittern verbringen, bis ein europäisches Gericht entschied, dass dies einer mehrfachen Bestrafung gleichkomme und deshalb abgeschafft gehört. Daraus leiten sich für Otto-Normalbürger naturgemäß Ängste ab. Doch auch die sind unbegründet. Ein Freibrief für die Freiheit von hochgefährlichen Straftätern war das damalige Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nämlich keineswegs. Wenn der Verdacht auf Rückfälligkeit nicht auszuräumen ist, müssen sie in einer geschlossenen Therapieeinrichtung untergebracht werden. Das ist der entscheidende Unterschied zur früheren Rechtswillkür nach dem Muster "Wegsperren für immer". Nicht für ihre Untaten, sondern für eine rechtswidrige Entscheidung der Politik haben die Karlsruher Juristen vier Betroffenen eine Entschädigung zugesprochen. Insofern ist daran noch nicht einmal etwas Besonderes. Wer damit trotzdem schwerlich klarkommt, der sollte in diesen Tagen nach Norwegen blicken. Dort trägt der Rechtsstaat die furchtbaren Ansichten eines rechtsextremen Massenmörders in aller Öffentlichkeit aus. Gerade bei solch schwer erträglichen Vorgängen zeigt sich auch die Stärke einer Demokratie.
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