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Lausitzer Rundschau: Wann, wenn nicht jetzt? Zur wirtschaftlichen Lage und zur Notwendigkeit von Strukturreformen

Cottbus (ots)

Deutschlands Wirtschaftszahlen sind im europäischen Vergleich hervorragend und die Aussichten glänzend. Aber solchen goldenen Zeitaltern folgte historisch oft der Niedergang - wenn Gegenmaßnahmen nicht rechtzeitig eingeleitet werden. So funktioniert der große Absatzmarkt Europa für Deutschland nur so gut wegen der Gemeinschaftswährung Euro. Um sie zu halten, wird Deutschland künftig wahrscheinlich mehr als nur Bürgschaften zahlen müssen. Vor allem wird es einen Teil des Produktionskuchens abgeben müssen, damit die Ungleichgewichte langfristig etwas geringer werden. Solange fernere Märkte diese Verluste ausgleichen, ist das kein Problem. Doch zum Beispiel China wandelt sich bereits vom Importeur zum Exporteur von Hochtechnologie. Bald können sie dort genauso gute Autos, Flugzeuge und Maschinen bauen. Dann ist Schluss mit lustig. Deutschland muss seine Wachstumskräfte nachhaltig stärken. Wann, wenn nicht jetzt? Das Land braucht jetzt eine Agenda 2020, ähnlich der Agenda 2010, die einen Großteil der aktuellen Erfolge begründet. Die konkreten Reformaufgaben sind oft beschrieben worden, unter anderem von der OECD. Vor allem muss Deutschland viel mehr für Bildung und Forschung tun. Darüber hinaus muss es alle Arbeitskräftereserven ausschöpfen, statt so viele zu vergeuden. Die Migrantenkinder, die Alten, die Frauen, auch die Mütter. Das Betreuungsgeld ist da genau das Gegenteil dessen, was Not tut. Zweitens muss der Haushalt schneller konsolidiert werden als bisher geplant. Es gibt keinen Grund, nach 2014 noch neue Schulden zu machen. Das Dritte sind wachstumsstärkende Reformen, vor allem eine Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben. Andere Länder laufen uns im Tempo weit voraus. Viertens schließlich muss die Finanzierung des Staates und der Sozialsysteme nachhaltiger angelegt werden. Sie kann künftig nicht mehr ausschließlich auf dem Rücken der mittelmäßig und gut verdienenden Erwerbstätigen erfolgen, wenn deren Zahl wegen der demografischen Entwicklung tendenziell abnimmt. Stattdessen müssen auch Vermögen, Erbschaften und andere Einkommensarten herangezogen werden. Auch hier sind nüchterne Abwägungen angesagt statt Ideologie. Das ist die Agenda 2020. Die Politik tut sich naturgemäß schwer, schmerzhafte Veränderungen in Hochphasen wie dieser zu verkünden. Auch sind immer gerade irgendwo Wahlen. Freilich, die Wähler sollten grundsätzlich allen misstrauen, die ihnen sagen, dass doch alles prima laufe, kein Grund zum Handeln bestehe und dass die angebotenen Wahlgeschenke ohne Reue entgegengenommen werden könnten. Das hat noch nie gestimmt.

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