Lausitzer Rundschau: Vorbild BND Zur Reform des Verfassungsschutzes
Cottbus (ots)
Ein ehemaliger Innen-Staatssekretär erinnert sich noch: Einmal pro Woche wurde ihm eine streng geheime Mappe mit Neuigkeiten aus seinem Landesamt für Verfassungsschutz gebracht und nach zwei Stunden persönlich von einem Beamten wieder abgeholt. Der Staatssekretär war immer schnell mit der Lektüre fertig. Das meiste kannte er schon. Es war die Auswertung von Zeitungsartikeln. Wer sich umhört, gewinnt ganz ohne konspiratives Vorgehen ein irritierendes Bild vom Verfassungsschutz: Schlecht kontrolliert von Öffentlichkeit und Parlamenten wursteln 6500 mehr oder weniger qualifizierte Leute in 16 mehr oder weniger leistungsfähigen Landesämtern sowie einem Bundesamt vor sich hin. Der Grad an Professionalität ist nicht überall gleich hoch, wohl aber der Anteil der Bürokratie. Es gibt keine gemeinsame Analyse oder Strategie und nur lückenhaften Datenaustausch. Vieles ist zufällig oder unüberlegte Routine, zum Beispiel die Beobachtung der Linkspartei. Neue Entwicklungen werden oft erst registriert, wenn etwas passiert ist. Wie bei den Neonazi-Morden. Manche meinen, Abschaffung sei die beste Lösung. Denn ein schlechter Verfassungsschutz schadet mehr als er nutzt, weil er auch noch den Ruf des Staates beschädigt. Doch die wehrhafte Demokratie will und muss aktionsfähig bleiben. Die Abschaffung des Verfassungsschutzes würde nur dazu führen, dass in den Polizeien Einheiten aufgebaut werden, die in Grauzonen operieren. Der Auslandsgeheimdienst BND ist ein Gegenbeispiel. Er hat sich nach seinem Versagen beim Zusammenbruch des Ostblocks und nach etlichen Skandalen inzwischen zu einer Politikberatungsinstitution entwickelt, deren Analysen zum Beispiel im Irak-Krieg nützlich waren. Die Behörde wurde stetig weiter professionalisiert und ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit entkrampft. Die Reform des BND ist auf den Verfassungsschutz nicht eins zu eins übertragbar, wohl aber in der Tendenz. Mehr Konzentration auf Analyse und Strategie gehört ebenso dazu wie die Trennung von halbseidenen Mitarbeitern und V-Leuten. Das Personalmanagement muss professionalisiert, das Niveau gehoben werden. Kleine Landesämter müssen zu größeren Einheiten zusammengefügt werden, damit effektiver und mit modernerer Technik gearbeitet werden kann. Parallel ist es notwendig, die parlamentarische Kontrolle zu verstärken, damit der Druck auf das Leistungsniveau des Dienstes steigt. Hans-Peter Friedrich weiß um all diese Reformnotwendigkeiten und führt Gespräche mit den Ländern. Doch ohne dass er eigene Vorstellungen auf den Tisch legt, ohne dass er die Länder-Egoismen überwindet, wird er kaum vorankommen. Nur Mut, Herr Minister.
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