Lausitzer Rundschau: Zur Spendenbereitschaft
Deutschland denkt mit Herz
Cottbus (ots)
Die Tage werden kürzer, das Wetter ungemütlicher und der 1. Advent steht vor der Tür. Das ist die Zeit, in der die Deutschen zwei Dinge verstärkt tun: Sie lesen mehr und sie entdecken ihr Herz für andere - und die Spendenbereitschaft steigt. Auch wenn in den ersten Monaten des Jahres das Geld nicht mehr ganz so locker saß wie im Vorjahr, so sind 2,5 Milliarden Euro dennoch unfassbar viel. Was deutschlandweit Fakt ist, gilt auch in der Lausitz: Der Verein "Wir helfen" ist in der Region kaum noch wegzudenken. Auch am Wochenende kamen wieder Hunderte, um auf dem Cottbuser Bücherbasar durch den Kauf von Büchern, Kuchen und Losen etwas Gutes zu tun. Auch wenn diese große Spendenbereitschaft in gewisser Weise schon "normal" ist, eben weil sie sich traditionell wiederholt, ist sie deshalb noch lange nicht selbstverständlich. Es ist ein bemerkenswertes Zeichen dafür, dass Deutschland keineswegs dabei ist, sich abzuschaffen, wie der Millionen-Bestseller des Untergangsplauderers Thilo Sarrazin glauben machen will. Weder sind sämtliche Werte dem Untergang geweiht, noch zerbröseln die sozialen Beziehungen im "Bellum omnium contra omnes", dem Krieg aller gegen alle, vor dem der englische Philosoph Thomas Hobbes übrigens schon vor 350 Jahren warnte. Aber wer weiß, vielleicht braucht "der gute Mensch" jenen Schuss Pessimismus, wie er bei der Theaterpremiere am Wochenende von Brechts "Der gute Mensch von Sezuan" im Staatstheater Cottbus - übrigens mit herausragenden schauspierischen Leistungen - auf die Bretter gebracht wurde. Die Grundfrage des Lehrstücks lautet: Kann ein Mensch überhaupt gut sein? Darüber nachzudenken, lohnt sich, bedarf aber auch einer gewissen geistigen Anstrengung und der Auseinandersetzung mit pessimistischen Weltbildern. Da legt sich die Stirn halt schnell mal in kritisch-skeptische Sorgen-Falten. Warum auch nicht? Wenn es so sein sollte, dass es gerade des kritisch-skeptischen Blickes bedarf, um sein Herz für das Leid anderer zu öffnen, dann möge noch viel Literatur von Hobbes, Brecht und Sarrazin auf dem Cottbuser Büchertisch landen, um sich dort für ein interessiertes Weiterlesen anzubieten.
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