Lausitzer Rundschau: Wahlkampf ums Wohnen Die Regierung und ihre Wohnungspolitik
Cottbus (ots)
Die Parteien haben die Mieter entdeckt. War die Klage über Wohnungsnot und explodierende Kosten bislang Sache einschlägiger Lobby-Verbände, so haben Politiker aller Couleur den Ball inzwischen aufgenommen. Die Ideen und Forderungen reichen von mehr Neubau über mehr Wohngeld bis zu steuerlichen Erleichterungen. Und sogar die schon beerdigte Eigenheimzulage feiert fröhliche Widerauferstehung. Ein Schelm, wer da an Wahlkampf denkt. Dabei hat dieses Thema tatsächlich alle Chancen, zum politischen Renner zu werden. Denn es sind beileibe nicht nur untere Einkommensgruppen, für die bezahlbares Wohnen Mangelware ist. Längst greift die Misere auch in der Mittelschicht um sich. Die Bundesregierung wiederum hat diese Entwicklung beharrlich ignoriert. Das Wohnungsproblem ist ein Stiefkind der Politik. Natürlich drückt dieses Problem nicht überall mit gleicher Kraft. Mancherorts herrscht sogar ein Überangebot auf dem Wohnungsmarkt. Dafür wird es in vielen Großstädten und Ballungsräumen eng. Hier wohnt immerhin jeder zweite Bundesbürger. Tendenz steigend. Der Soziale Wohnungsbau ist jedoch gerade in den Metropolen zum Erliegen gekommen. Zu den Kostentreibern gehören aber auch immer strengere Bau-Standards. Besonders im Energiebereich. Nun ist es nicht etwa so, dass nichts gebaut wird. Seit 2009 ist die Zahl der fertiggestellten Wohnungen sogar deutlich gestiegen. Wer allerdings aufmerksam durch größere Städte geht, wird feststellen, dass es sich fast ausschließlich um Luxus-Immobilien oder Luxus-Sanierungen handelt. Berlin ist dafür ein Paradebeispiel. Viele Makler werben hier mit dem "Szene"-Charme alter Kieze um Kundschaft - und sorgen mit dafür, dass sich der Charme solcher Stadtteile immer mehr verflüchtigt, weil traditionelle Geschäfte und angestammte Bewohner wegen der drastisch steigenden Mieten verdrängt werden. Die wachsende Knappheit an bezahlbarem Wohnraum birgt also eine Menge sozialen Sprengstoff. Um ihn zu entschärfen, müssen untere und mittlere Einkommensgruppen für Bau-Investoren wieder attraktiv werden. Zum Beispiel dadurch, dass Kommunen bei der Veräußerung von eigenem Bauland nicht automatisch den Meistbietenden unter allen Interessenten favorisieren, sondern das beste Konzept für ein erschwingliches und familienfreundliches Wohnen. Auch entsprechende Förderprogramme speziell für diese Zielgruppen sind denkbar. Eine solche Politik ist schon lange überfällig. Wer jedoch wie Bauminister Peter Ramsauer erst wenige Monate vor der Bundestagswahl mit ähnlichen Ankündigungen aus der Deckung kommt, der setzt sich dem Verdacht aus, bloß auf Wählerfang zu gehen. Allein, das Thema ist zu ernst, um damit nach dem Motto zu verfahren: "Gut, dass wir mal darüber geredet haben." Bezahlbares Wohnen darf in Deutschland nicht zum Luxusgut werden.
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