Lausitzer Rundschau: Im Zeitalter der Aufklärung Über die Vernunft und eine mögliche Regierungskoalition
Cottbus (ots)
Vor vier Jahren beauftragte die Bundesregierung Wissenschaftler damit, einmal zu ermitteln, ob die rund 156 familienpolitischen Maßnahmen etwas bewirken. Denn das Ganze kostet jährlich 200 Milliarden Euro, und trotzdem ist Deutschland bei der Geburtenrate Schlusslicht. Das war ein guter, ein rationaler Ansatz. Doch obwohl die nun vorgelegten Befunde sehr eindeutig sind, halten die Parteien ihre alten Glaubensgrundsätze vor den beginnenden Koalitionsgesprächen hoch, als sei nichts geschehen. Die Union besteht auf dem Ehegattensplitting, das die Institute klar als unsinnig, teilweise sogar schädlich eingestuft haben. Auch zum neuen Betreuungsgeld gibt es ganz ähnliche Einschätzungen. Es wird aber, das bringt die Koalitionsarithmetik mit sich, garantiert nicht abgeschafft werden. Also kommt dauerhaft eine weitere sinnfreie familienpolitische Leistung zu den 156 hinzu. Ein tolles Evaluationsergebnis. Es geht noch weiter: Auch eine Erhöhung des Kindergeldes finden die Wissenschaftler nicht sinnvoll. Trotzdem werden sich SPD und Union wohl genau darauf am leichtesten einigen, denn beide wollen es. Richtig notwendig wäre hingegen der quantitative und qualitative Ausbau der Kinderbetreuung. Doch hier ist die Finanzierung schwierig, außerdem erschwert der ideologische Streit um Steuererhöhungen eine Einigung. So wie in der Familienpolitik ist es auf vielen Feldern. Nicht, dass die Politik jedem Wissenschaftlervorschlag folgen müsste. Sie kann andere Werte und Maßstäbe setzen, dafür ist sie gewählt. Sie darf auch Ideologien folgen. Aber so gar nicht vom Baum der Erkenntnis essen zu wollen, das ist arrogant und dumm. Beispiel Maut. Eine Zahlung nur für ausländische Autofahrer, das wird es nach allen europarechtlichen Einschätzungen nicht gehen, und trotzdem macht die CSU genau sie zur Bedingung. Dass auch hier eine Kommission jahrelang gearbeitet und gerade ein Alternativmodell vorgeschlagen hat - die Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen und auf kleinere Lastwagen - wird ignoriert. Katechismen statt nüchterne Analysen prägen auch die bildungspolitische Debatte - sonst wäre das Kooperationsverbot längst weg. Prägen die Energiepolitik - sonst gäbe es die wahnsinnig hohe Förderung der Solarenergie in Deutschland nicht mehr. Prägen die Gesundheitspolitik - sonst wäre die private Krankenversicherung bereits abgeschafft. Den Unterschied zwischen Mittelalter und Moderne markiert die Aufklärung. Also, das Streben nach Wissen statt dem blinden Folgen von Glaubensgrundsätzen. Es wäre gut, wenn wenigstens ein Hauch dieses Prinzips auch in der neuen Koalition ankommen würde. Welche auch immer es sein wird.
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