Lausitzer Rundschau: Auf Schwarz-Rot wartet jede Menge Arbeit
Cottbus (ots)
Von einer Großen Koalition wird gemeinhin auch Großes erwartet. Doch Vorsicht! Ein solches Bündnis kann auch großes Gewürge bedeuten. Als Union und SPD nach der Bundestagswahl 2005 zusammengehen mussten, waren die wenigen Gemeinsamkeiten, auf die sich beide Seiten mühevoll in ihrem Koalitionsvertrag einigten, rasch aufgezehrt. Danach folgten Hängen und Würgen und die Finanzkrise. Bei ihren nun anstehenden Verhandlungen können CDU/CSU und SPD beweisen, dass es auch anders geht. Sie müssen sogar. Denn dass unter Schwarz-Gelb vieles wegen der guten wirtschaftlichen Entwicklung und sprudelnder Steuereinnahmen liegen geblieben ist, wird kaum jemand bestreiten. Schwarz-Rot muss im Schatten der Schuldenbremse den Haushalt weiter sanieren, das Finanzgeflecht zwischen Bund und Ländern, sogar den Föderalismus insgesamt anders ordnen; darüber hinaus bedarf es dringend eines neuen Reformaufschlags bei der Pflege, bei der Zuwanderung, in der Bildungs- und Steuerpolitik sowie jede Menge Tatendrang bei der Ausgestaltung der verkorksten Energiewende. Die Liste, die abzuarbeiten ist, ist lang. Zu viel auf einmal für vier Jahre? Aber wer, wenn nicht die großen Parteien sind in der Lage, das Land fitter und gerechter zu machen. Die Große Koalition ist die einzige politische Konstellation, die aufgrund ihres Gewichts im Bundestag und in der Gesellschaft die zentralen Herausforderungen schnell angehen könnte. Sie kann auch die nötige Mehrheit im Bundesrat am leichtesten organisieren. Die Große Koalition wird als Projekt und Anspruch gelingen, wenn die Protagonisten dies anders als 2005 auch wirklich wollen, wenn sie das neue Bündnis nicht nur als leidige Zweckgemeinschaft ansehen, weil die Wähler leider falsch gewählt haben. Bislang hat man den Eindruck, dass Merkel, Seehofer und Gabriel diese Chance sehen. Deshalb ist es wichtig, dass beide Lager im Laufe der Verhandlungen möglichst konkret und verbindlich werden. Wer zu viele Lücken in einem Koalitionsvertrag lässt, dem gehen nicht nur zügig die Projekte aus, sondern der beschimpft sich irgendwann auch als Gurkentruppe und Wildsau, wie Schwarz-Gelb dies getan hat. 2005 jedenfalls blieb vieles in der Vereinbarung von Union und SPD wegen des damaligen Frustes in beiden Lagern vage. Das sollte sich im Interesse des Landes nicht wiederholen, wenn es erneut zu einer Großen Koalition kommt. Es stellt sich dann auch die Frage nach der Rolle Angela Merkels in dieser Konstellation. Mit Richtlinien, in denen sich die Koalitionäre inhaltlich bewegen sollen, hat es Merkel nicht so. Ihr Politikstil ist die Moderation. Der passt zwar zu einer Großen Koalition. Sie wird ihn aber in den nächsten Wochen um das Element Ehrgeiz erweitern müssen.
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