Lausitzer Rundschau: Ein Berg kreist um sich selbst Neue Regierung tut sich schwer mit dem Regieren
Cottbus (ots)
Rund zehn Wochen ist die neue Bundesregierung jetzt in Amt und Würden. Aber so richtig zum Regieren ist sie noch nicht gekommen. Höchstens in eigener Sache. Auch wenn der gestern bekannt gewordene Rauswurf eines Staatssekretärs durch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Ende notwendig gewesen sein mag, so verstärkt der Vorgang doch den Eindruck einer Endlosschleife. Ganz nach dem traurigen Motto: Eine Regierung kreist um sich selbst. Die Bilder von der Vereidigung der neuen Kabinettskollegen waren noch frisch, da sorgte bereits eine Personalie für Verdruss, als es plötzlich hieß, Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla wechsele zur Bahn. Es entspann sich eine heiße Diskussion über die zweifelhafte Verquickung von Politik und Wirtschaft, bei der die Kanzlerin keine gute Figur machte. Erst nachdem schon alle Welt eine Karenzzeit gefordert hatte, also eine Schamfrist für wechselwillige Top-Politiker, sprang auch Angela Merkel auf diesen Zug. Die leidige Edathy-Affäre ist für die Langzeit-Regierungschefin ebenfalls kein Meisterstück. Denn immer mehr wird deutlich, dass der unglückliche Hans-Peter Friedrich weniger über die Indiskretionen aus der SPD stürzte als vielmehr über Merkels eiligen Liebesentzug. Die Kanzlerin persönlich hatte den CSU-Minister zum Rücktritt gedrängt. Auch sonst war die Zeit seit der Regierungsbildung reich an Ereignissen, die mit einem Regieren nach dem Verständnis von Otto-Normalbürger wenig gemein hatten. Nicht nur, dass Schwarz-Rot das größte Heer von Parlamentarischen Staatssekretären seit der Wiedervereinigung aufstellte und damit die Postenversorgung für verdiente Abgeordnete aus den eigenen Reihen auf die Spitze trieb. Auch das Salär für die Bundestagsmitglieder wird kräftig angehoben. So dreist hat sich selten eine Regierung um sich selbst gesorgt, ehe sie überhaupt begann, die Probleme des Landes zu beleuchten. Nun könnte es sein, dass der politische Alltag in Berlin auch deshalb unter keinem guten Stern steht, weil Merkel ihre dritte Kanzlerschaft mit einem schmerzhaften Skiunfall begann. Das bindet manche Kräfte, ist aber trotzdem keine Entschuldigung für schlechtes Regieren. Bislang erweckt die große Koalition unerschrocken das Gefühl, als sei sie von den Problemen der Bevölkerung weit weg. Und wenn doch nicht, dann schafft sie Probleme, die vorher keine waren. Wie etwa die abschlagsfreie Rente mit 63, die Ältere mit ohnehin schon vergleichsweise hohen Rentenansprüchen begünstigt und der Rentenkasse unnötige Mehrbelastungen aufbürdet. Diese Regierung hat zweifellos einen glatten Fehlstart hingelegt. So betrachtet besteht aber auch Anlass zur Hoffnung. Denn noch schlechter kann es kaum mehr werden.
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