Lausitzer Rundschau: Was nun, Herr Hoeneß? Zum Urteil gegen den Präsidenten des FC Bayern München
Cottbus (ots)
Kein Freispruch, keine Bewährung - drei Jahre und sechs Monate Gefängnis für Uli Hoeneß. Angesichts der Summe, die der Bayern-Präsident hinterzogen hat, ist diese Strafe nicht verwunderlich. Eine Verurteilung auf Bewährung oder gar ein Freispruch wäre einer Verhöhnung der ehrlichen Steuerzahler gleichgekommen. Der Rechtsstaat hat im Fall Hoeneß also funktioniert. Gleichwohl ist Hoeneß kein typischer Steuerhinterzieher, wie sie noch immer Schweizer oder Luxemburger Konten füllen. Er ist keiner dieser Reichen, die ihre gesamtgesellschaftliche Verantwortung an der Sylter Champagner-Bar abgegeben haben. Hoeneß hat mit Millionen jongliert, ohne Sinn und Verstand, ohne Überblick, eher krankhaft als kriminell. Das ist ihm zum Verhängnis geworden. Freilich, dieser besondere Hintergrund der Steuerhinterziehung schützt nicht vor Strafe. Hoeneß nicht, und keinen anderen. Aus dem Fall ergibt sich deshalb eine Systemfrage: Schaut man sich die Fakten an, erkennt man im Kleinen die Mechanismen, die im Großen ganze Volkswirtschaften an den Rand des Ruins gebracht haben. Denn die Finanzkrise ist aus denselben Gesetzmäßigkeiten entstanden, die Hoeneß jetzt ins Verderben geführt haben: durch wilde Spekulation. Der Unterschied ist nur, Hoeneß muss die Konsequenzen selbst tragen. Demgegenüber kann im weltweiten Casino eifrig gepokert werden, für die Folgen haftet dann die Gesellschaft. Eine Korrektur muss hier schleunigst auf internationaler Ebene geschehen. Der Konflikt um so ein mildes Mittel wie die Finanztransaktionssteuer zeigt aber, wie schwierig das ist. Doch die nächste Finanzkrise kommt bestimmt. Was nun, Herr Hoeneß? Seinen Präsidentenjob beim FC Bayern kann er nicht mehr fortführen. Er hätte das Amt schon seit der Selbstanzeige ruhen lassen müssen. Und der Aufsichtsrat des Clubs mit hochkarätigen Vertretern deutscher Unternehmen hätte ihn dazu drängen müssen. Zumal die Wirtschaftsbosse bei Verfehlungen eigener Mitarbeiter regelmäßig ganz andere Maßstäbe ansetzen - ohne Rücksicht und Nachsicht. Hoeneß' Verurteilung entlarvt somit auch eine gewisse Arroganz dieser Wirtschaftsbosse. Er selbst wird jetzt in Revision gehen. Sollte Hoeneß seine Strafe trotzdem absitzen müssen, hat er es aber verdient, danach wieder von der Gesellschaft mit offenen Armen empfangen zu werden. Nicht nur vom FC Bayern, nicht nur von Fußball-Deutschland. Der Mann ist kein Unhold. Er hat eine enorme Lebensleistung erbracht, von der viele andere Menschen in Not profitiert haben. Das gehört zu einem vollständigen Blick auf den Sachverhalt, der in München beurteilt worden ist. Genauso wie der Aspekt, dass Hoeneß überzeugend Reue gezeigt hat. Jeder verdient eine zweite Chance.
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