Lausitzer Rundschau: Die Russland-Versteher Warum Schmidt, Schröder & Co. Moskaus Politik verteidigen
Cottbus (ots)
Kann ein erfahrener Mann wie Helmut Schmidt daneben liegen, wenn man schon Gerhard Schröder nicht glauben will, der sein Geld in Rubel verdient? Oder ein aufrichtiger Sozialdemokrat wie Erhard Eppler? Würde er gefragt, auch Helmut Kohl redete wohl von der gebotenen Rücksichtnahme auf russische Umkreisungsängste, so wie sein einstiger Sicherheitsberater Horst Teltschik. Alles große Geostrategen. Es gibt in Deutschlands politischer Elite eine Schicht von Russland-Verstehern, die angesichts der Krim-Krise zu einer ausschließlich globalen sicherheitspolitischen Betrachtungsweise neigt. Eine solche Betrachtungsweise lässt von jeher sowohl das Schicksal kleiner Staaten und Völker außer Acht als auch natürlich das Recht des einzelnen Menschen. Motto: Wo gehobelt wird, fallen eben Späne. Diese Haltung ist im Kalten Krieg entstanden und hatte dort eine gewisse Berechtigung. Man stand unter der atomaren Bedrohung, immer ging es um den Weltfrieden. Gleichgewicht des Schreckens und Wandel durch Annäherung - das funktionierte nur durch Respekt auch vor Unrechtsregimen. Die Äußerungen von Schmidt, Schröder und Teltschik stehen klar in dieser Tradition. Da ist Putin ein Führer, den es auch mit seinen irrwitzigsten Denkstrukturen noch zu respektieren gilt - eben weil Russland eine Weltmacht ist, weil es um angeblich Größeres geht. Das Empörende ist, dass sich diese Leute auch noch für klug halten. Dabei kann man den Mauerfall und den Zusammenbruch der Sowjetunion mit gutem Recht auch als das Gegenteil einer bloß geopolitischen Außenpolitik verstehen: Als den Sieg des Freiheitskampfes vieler einzelner Menschen über Geostrategie. Moral schlägt Machtpolitik, manchmal jedenfalls. Es hat in Europa, mit Ausnahme des Balkans, seit dem Fortfall der Blöcke eine schnelle Zivilisierung der Politik gegeben, ganz sicher in der jungen Generation. Der Austausch nimmt zu, die Bedeutung von Grenzen, Nationen und Völkern schwindet. Die EU lag aus dieser Sicht überhaupt nicht daneben, als sie Kiew eine stärkere Kooperation anbot. Sie übersah nur, wie zurückgeblieben, eifersüchtig und verletzt das Nachbarland Russland und sein Präsident noch waren, wie aus der Zeit gefallen. Das Vorgehen der EU in der Ukraine war vielleicht naiv. Aber moralisch nicht falsch. Neben den Russland-Verstehern und den Russland-Naiven gibt es noch eine dritte Gruppe, die Russland-Kunden. Solche wie Siemens-Chef Joe Kaeser, der mitten in der schärfsten Krise Putin trifft, ihm für die Olympischen Spiele gratuliert und die Krim-Annexion unter "kurzfristige Turbulenzen" verbucht. Kaeser redete allen Ernstes von einer "Werte"-Partnerschaft mit Russland. Oder meint er Wertpapiere?
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