Lausitzer Rundschau: Trotz Reform- und aktiver Außenpolitik - SPD stockt in der Wählergunst:Die Fehler der anderen
Cottbus (ots)
Den Mindestlohn eingetütet, die abschlagsfreie Rente mit63 ins Werk gesetzt, mehr Geld für Bildung und Forschung locker gemacht und nach langem Stillstand die Energiewende vorangetrieben. Kein Zweifel, die Zwischenbilanz der SPD in der Großen Koalition kann sich sehen lassen. Dieser Befund wird auch durch die Tatsache gestützt, dass man in der Union regelmäßig darüber klagt, die eigene politische Handschrift nur mit der Lupe entdecken zu können. Die Genossen verstehen sich ja auch als Motor der Großen Koalition - kommen aber selbst nicht recht von der Stelle. In den Umfragen steckt die Partei seit Monaten zwischen 25 und 26 Prozent fest. Das ist beinah exakt so wenig wie bei der letzten Bundestagswahl. Wohlmeinend könnte man sagen, die SPD hat bislang Wahlversprechen erfüllt, die etwa jedem vierten Wähler wichtig waren. Und die halten den Sozialdemokraten weiter die Stange. Für den Anspruch der Genossen, in einer künftigen Bundesregierung endlich wieder selbst den Kanzler zu stellen, müssten es freilich deutlich mehr werden. Doch sie zu gewinnen, dürfte der SPD auch in Zukunft schwer fallen. Mit den bisher umgesetzten Schlüsselvorhaben haben die Sozialdemokraten weitgehend eine Wunschliste der Gewerkschaften abgearbeitet und dabei auch frühere Agenda-Beschlüsse korrigiert. Das mag die originäre Anhängerschaft begeistern, lockt aber noch keinen Merkel-Fan hinter dem Ofen hervor. Dabei muss die SPD in Unions-Gefilde eindringen, denn nur so könnte sie für sich entscheidend punkten. Parteichef Sigmar Gabriel versucht das immerhin, indem er seiner Partei nach dem Linksruck nun einen wirtschaftsfreundlicheren Kurs verpassen will. Kürzlich hatte er sich sogar an die Spitze der Steuererleichterungsdiskussion gesetzt. Da wurde die Abmilderung der "kalten Progression" plötzlich zu Gabriels Herzensanliegen. Viele haben allerdings noch den Steuererhöhungswahlkampf der Sozialdemokraten in Erinnerung. Wer mag den Sinneswandel im Sauseschritt da schon für bare Münze nehmen? Auch außenpolitisch droht der sozialdemokratische Motor nach fulminantem Start ins Stottern zu geraten. Einerseits will Gabriel alle Rüstungsexporte viel strenger als bisher handhaben. Dafür gibt es in der Bevölkerung zweifellos große Sympathien. Doch unter Federführung seines Parteifreundes Frank-Walter Steinmeier soll die SPD Waffenlieferungen in irakisches Kriegsgebiet mittragen. Auch wenn die Erklärungen dafür deutlich anders klingen als bei der Union - im Ergebnis entsteht der Eindruck einer 180-Grad-Kehre, die die SPD noch in eine innerparteiliche Zerreißprobe treiben kann. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird das politische Geschäft für die SPD also noch deutlich schwieriger werden. Zumal das eigene Reformfeuerwerk zum größten Teil bereits abgebrannt ist. So bleibt der Partei wohl nur die stille Hoffnung auf mögliche Schwächen der anderen. Auch Angela Merkel ist schließlich nicht unfehlbar.
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