Lausitzer Rundschau: Pro und Contra zum Ende der Zugverbindung Hamburg - Breslau
Cottbus (ots)
Pro
750 000 Euro Verlust im Jahr - das ist für ein Wirtschaftsunternehmen wie die Deutsche Bahn nicht hinnehmbar. Die Bahn müsste investieren in eine Strecke, die gerade mal 40 bis 60 Leute pro Tag fahren. Ohne Halt von Hamburg nach Breslau - das ist Luxus. Nur nicht im Fernzug Wawel, der es hinter der polnischen Grenze kilometerweit nicht über 40 Stundenkilometer schafft, an dem - wenn man den regelmäßigen Passagieren Glauben schenken darf - ständig irgendwas kaputt ist. Der Wawel hat seine 150Fahrgäste pro Zug schon vor langer Zeit verloren, zurück werden sie auch nicht kommen, wenn der Eurocity schneller fahren könnte, wenn es wieder einen Speisewagen gäbe. Zu gut ist die Alternative mit dem Fernbus. Dort gibt es Wlan, Klimaanlage, Heizung. So funktioniert modernes Reisen. Das Problem: Modernes Reisen funktioniert derzeit nur ab Berlin. Wer künftig von Cottbus, von Forst oder vom Spreewald aus nach Breslau fahren will ohne umzusteigen, muss das Auto nehmen. In zweieinhalb Stunden ist man da. Dass Südbrandenburg fortan vom internationalen Schienenverkehr abgekoppelt sein wird, ist nicht schön - aber der Weg nach Berlin ist nicht weit. Wer geschäftlich in Polen unterwegs ist, nimmt ohnehin gern das Auto. Eine Alternativroute, wenn auch eine vierstündige, auf Schienen gibt es über Görlitz. Der Bahn kann niemand vorwerfen, dass sie den Wawel nun einstellt.
Contra
Die Zahlen stimmen nicht. Der Wawel ist unrentabel. Er wird immer weniger angenommen. Ab mit ihm aufs Abstellgleis. So einfach kann es sich die Bahn machen. Es lohnt sich aber, die Kehrseite des Bummelfahrers und vor allem die politische anzuschauen. Es gab Zeiten, da war der Wawel richtig gut auf dem Gleis. Der Vorteil des von Hamburg über Berlin und Cottbus bis Wroclaw durchfahrenden internationalen Fernzuges wurde sogar mit einem Speisewagen versüßt. Da hatte die Bahn auch noch keinen Sprinter wie den IRE Berlin-Hamburg als Konkurrenz auf die Schiene gesetzt. Während sich rundherum alles modernisierte, Wlan zum Standard wird, musste das ungeliebte Bahn-Kind Wawel bluten. Speisewagen weg. Service zurückgefahren. Modernisierung Fehlanzeige - Langsamfahren statt Gleissanierung. Sicher, all das ist nicht allein der Bahn anzulasten. Hier kommt die Politik ins Spiel. Denn sie hat es über deutsch-polnische runde Tische und die Beteuerung der Osterweiterung der EU auch auf der Schiene nicht hinausgebracht. Den Polen EU-Mittel für die Sanierung der Gleise zwischen Forst und Wegliniec anzubieten, ist ebenso wenig gelungen, wie sich auch nur auf eine verbriefte Trassenführung des Wawel über Forst oder über Horka/Görlitz zu einigen. Mit dem Begräbnis des Wawel ist dem Süden Brandenburgs ein Bärendienst erwiesen. Hoffentlich kommt er in neuem Gewand, auf flotter Schiene bald wieder.
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