Lausitzer Rundschau: Warum der Absturz des Germanwings-Airbus eine Zäsur ist Eine unerträgliche Erkenntnis
Cottbus (ots)
Hat er das wirklich gemacht? Mit Absicht den Germanwings-Airbus gegen einen Berg gelenkt? Mit Absicht nicht nur sich, sondern auch 149 weitere Menschen in den Tod gerissen? Die Erkenntnis, dass der 27-jährige Copilot das Flugzeug-Unglück in den französischen Alpen bewusst herbeigeführt haben soll, ist kaum zu ertragen. Zwar scheint das erste Warum (kam es zu dieser Katastrophe) nun auf entsetzliche Weise beantwortet. Dafür hat sich ein neues Warum (hat er das gemacht) offenbart. Und die Antwort auf diese zweite Frage dürfte sehr viel schwieriger zu finden sein als auf die erste. Einen terroristischen Hintergrund schließen die Ermittler aus. Es scheint die Tat eines Einzelnen zu sein. War sie geplant? Oder entschloss sich der 27-Jährige spontan? Nutzte er die Gelegenheit, als der Flugkapitän das Cockpit verlassen hatte? Die Tat wäre beispiellos. Fakt ist: Der Copilot leitete den Sinkflug ein. Und er verhinderte, dass der Kapitän wieder zurück ins Cockpit gelangen konnte, indem er das Entriegeln der Tür nicht zuließ. Der 27-Jährige aus Rheinland-Pfalz redete mit niemandem mehr. Er gab in den letzten Minuten, in denen er allein im Cockpit saß, keinen einzigen Ton von sich. Das ergab die Auswertung des Stimmrekorders. Er reagierte nicht, als er vom Tower in Marseille angefunkt wurde. Und auch nicht, als der Kapitän und die Crew der Germanwings-Maschine immer vehementer gegen die Cockpittür hämmerten. Kurz vor dem Crash schrien die Passagiere in Todesangst. Er atmete einfach nur - ganz ruhig. Kann jemand so abgebrüht sein? Wäre ein solcher Zug nicht schon im Vorfeld aufgefallen? Piloten müssen regelmäßig Checks über sich ergehen lassen. Sie proben im Simulator, wie sie sich im Ernstfall verhalten sollen. Sie müssen ihre körperliche Fitness von Ärzten attestieren lassen. Und bevor jemand überhaupt als Pilot ein Passagierflugzeug fliegen darf, muss er selbstverständlich diverse psychologische Tests bestehen. Wer also hätte die Katastrophe verhindern können? Wohl niemand. Denn wenn der 27-Jährige den Absturz wirklich geplant hat, wird er im Vorfeld wohl kaum damit hausieren gegangen sein. Im Gegenteil: Freunde und Bekannte berichteten Journalisten, der frühere Flugbegleiter habe nun als Pilot seinen Traumjob gehabt. Es gibt den Wunschgedanken, der 27-Jährige sei ohnmächtig geworden. Ganz plötzlich. Das würde das ruhige Atmen erklären. Und dann wäre das Unglück Ergebnis unglücklicher Umstände. Das ändert nichts an der Katastrophe an sich: 150 Menschen sind tot. Aber es ließe sich besser ertragen, wenn man wüsste: Dieser Horror war keine Absicht. Leider bleibt es ein Wunschgedanke.
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