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Lausitzer Rundschau: Nicht die Tür zuschlagen Das Europaparlament debattiert über die EU-Beitrittsgespräche mit Ankara

Cottbus (ots)

Es ist die Türkei, die sich in diesen dramatischen Monaten von Europa entfernt. Sie geht unter dem immer autoritärer auftretenden Recip Tayyip Erdogan auf Distanz zu den westlichen Werten. Elementare Rechte der Demokratie werden verletzt. Erdogan bringt sogar neue Bündnispartner für das strategisch wichtige Land am Bosporus und eine Hinwendung zum Osten der Welt ins Gespräch. Die Entfremdung könnte kaum größer sein. <EA>Soll Europa tatenlos zusehen? Oder ist es überfällig, eine Zäsur zu setzen und endlich die Beitrittsgespräche des Landes mit der EU einseitig aufzukündigen? Darüber debattiert heute das Europaparlament. Es besteht kein Zweifel: Die Türkei ist gerade weiter entfernt von europäischen Werten als jemals zuvor. In der Verfassung, in der das Land aktuell ist, hat es nichts in der Gemeinschaft verloren. Und dennoch wäre es ein Fehler, die Gespräche abzubrechen. Wie gesagt: Die Beitrittsgespräche sind weit davon entfernt, erfolgreich beendet zu werden. Noch kein einziges Kapitel, das die Türkei auf dem Weg nach Europa abarbeiten muss, ist abgeschlossen. Die Gespräche sind aber ein Symbol, das man nicht aufs Spiel setzten sollte. Sie stehen für einen Annäherungsprozess von Istanbul an Europa. Wie jedes andere Land auch, das sich um die Mitgliedschaft im Club bemüht, musste sich die türkische Regierung dafür zu Reformen bekennen, sie verabschieden und konsequent umsetzen. Es geht dabei um unsere Werte wie Gewaltenteilung, Religionsfreiheit und Minderheitenrechte. Die Beitrittsgespräche sind durchaus als Prozess zu verstehen, bei dem der Weg das Ziel ist. Auch wenn zuletzt die Rückschritte dominierten, vorher gab es Fortschritte. Die Gespräche nun zu beenden hieße, diese Erfolge der Vergangenheit zu entwerten und abzuschreiben. Die EU war all die Jahre über der Anker für Reformen in der Türkei. Brüssel darf ihn daher jetzt auch nicht lichten. Zumal im Bereich der Handelsbeziehungen die Errungenschaften nicht zu übersehen sind. Die türkische Volkswirtschaft hat sich seit dem formalen Beginn der Verhandlungen im Oktober 2005 modernisiert, sie ist zu einem immer wichtigeren Partner gerade deutscher Unternehmen geworden. An dieser Stelle sollte die Politik der Europäer ansetzen. Anstatt symbolhaft die Gespräche zu beenden, sollte Brüssel bereit sein, seine wirtschaftliche Stärke in die Waagschale zu werfen. Gerade laufen die Verhandlungen über eine Vertiefung der seit 1995 bestehenden Zollunion zwischen der Türkei und der EU. Erdogan ist ohnehin alarmiert, weil die türkische Währung drastisch gefallen ist. Jetzt die Gespräche über die Vertiefung der Zollunion auf Eis zu legen, mit Verzögerungen drohen, das täte Erdogan weh. Das wäre eine Sprache, für die er eher empfänglich wäre.

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