Lausitzer Rundschau: Die SPD nach Bochum
Cottbus (ots)
Es kam, wie es kommen musste. Anstelle der erhofften Aufbruchstimmung machte sich Ernüchterung breit bei den Genossen in Bochum. Da konnte der Kanzler reden, wie er wollte, die Delegierten waren wild entschlossen, Olaf Scholz und Wolfgang Clement abzustrafen. Es war eine kontrollierte Demonstration des weit verbreiteten Unbehagens einer Partei, die ihre Felle beim Wähler davon schwimmen sieht. Es war aber vor allem ein Zeichen dafür, dass die Sozialdemokratie hilflos vor dem Scherbenhaufen steht, den sie zu verantworten hat. Sie hatte die letzte Bundestagswahl mit dem Versprechen gewonnen, soziale Grausamkeiten zu vermeiden. Mit ihr, so die damalige Botschaft, wird die Oma mit der knappen Rente vor den Wechselfällen der Weltwirtschaft geschützt und beim Enkel hängt der Zustand der Zähne nicht vom Familieneinkommen ab. Das waren die Sprüche vor dem absehbaren Kassensturz. Es spricht für ihren wachen Verstand, dass die Wähler jetzt, wo die nackte Wahrheit zu Tage tritt, in Scharen davon laufen. Dass Genossinnen und Genossen auf dem Parteitag jetzt allerdings diese rote Karte nach oben weiterreichen, ist eher schäbig. Schließlich war diese ausgesuchte Parteielite an vorderster Front mit dabei, als es galt, die Menschen dusselig zu reden. Aber anstatt in sich zu gehen, geht sie ausgerechnet auf ihren Wirtschaftsminister los. Dabei ist Wolfgang Clement einer der wenigen, der das, was sich anbahnt an neuen Gefahren für den Sozialstaat, wenigstens noch anzusprechen wagt. Denn ohne ein merkliches Wirtschaftswachstum werden wir alle mit noch ganz anderen Einschränkungen konfrontiert werden. Geredet aber wurde in Bochum über noch etwas mehr Steuer für Erben und Aktienverkäufe und noch eine Abgabe für Betriebe und Immobilienbesitzer. Geredet wurde wieder vor allem über einen bürokratisch überfordenden Staat, der immer neue Einnahmequellen findet, um anschließend doch wieder nur Schulden zu produzieren. Eine höhere Erbschaftssteuer wird die Sozialkassen genauso wenig sanieren wie eine Zwangsabgabe keine Lehrstellen herbeischafft. Der Bochumer Parteitag setzt das fort, was im Wahlkampf noch Erfolg versprach, inzwischen aber glücklicherweise keine Mehrheiten mehr findet in Deutschland: die Weigerung, der Wirklichkeit ins Auge zu sehen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Clement als einsamer Warner in der dirigistischen Wüste kann so gesehen ganz stolz sein darauf, dass er immer einsamer wird in dieser SPD.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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