Lausitzer Rundschau: Zu Regierung Frankreich/Verurteilung Juppé: Nur ein Aufschub
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Regierung Frankreich/Verurteilung Juppé: Frankreichs Ex-Premier Alain Juppé bleibt also in der Politik - na und, was soll's ? Erstaunlich, wie es Frankreichs Regierungen, egal welcher Couleur, immer wieder gelingt, sich selbst aus der Schlinge zu ziehen. Korruptionsaffären wie die aktuelle um den Präsidentenvertrauten Juppé sind in der Geschichte der jüngsten französischen Politik grundsätzlich zugunsten der jeweils Regierenden "gelöst" worden. Die Gerichte haben immer "freundlich" geurteilt und die eigentlichen Sünder laufen lassen. Die ehemaligen Minister Laurent Fabius, Roland Dumas und Dominique Strauss-Kahn - sie alle kamen wegen verschiedener Delikte relativ milde davon. Diesmal lagen die Dinge jedoch anders. Zum ersten Mal hat es ein Gericht gewagt, in einer Korruptionsaffäre - Scheinanstellungen im Pariser Rathaus zugunsten voller Kassen der Regierungspartei - den de facto Verantwortlichen nach Recht und Gesetz zu verurteilen. Und sofort empörten sich nicht nur die mitbetroffenen Politiker um Staatspräsident Jacques Chirac, sondern sogar Sozialisten über das angeblich zu harte Urteil. Die Unabhängigkeit der Justiz steht offensichtlich nur auf dem Papier. Den Etablierten um Chirac und Premierminister Jean-Pierre Raffarin, die Juppé für ihren Machterhalt brauchen, ist es gelungen, den Schuldigen irgendwie zu retten und gleichzeitig Zeit zumindest bis zu einem Berufungsurteil zu gewinnen. Zeit, um Juppés Nachfolge an der Spitze der Partei bis zum Parteitag im Herbst 2004 zu klären. Zeit, um Innenminister Nicolas Sarkozy, den jungen, ungeliebten Ehrgeizling, in seinem Bestreben zu stoppen, den Vorsitz der Partei und damit den Freifahrtschein ins Präsidentenamt zu erobern. Ist Frankreich eine Bananen-Republik? Die Konservativen hätten nach ihrem Monumental-Sieg in der Stichwahl gegen den gefürchteten Rechtsradikalen Jean-Marie Le Pen vor zwei Jahren allen Grund, mit den Wählern ehrlicher umzugehen. Weil sie dies offenbar nicht begreifen, stehen ihnen aber noch etliche Erschütterungen ähnlich dem Urteil im Fall Juppé bevor. Eine nächste Schlappe kündigt sich bereits an. Keine Partei freut sich sechs Wochen vor den als Stimmungsbarometer geltenden Regionalwahlen mehr über die jämmerliche Juppé-Rettung als die rechtsextreme Front National.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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