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Lausitzer Rundschau

Lausitzer Rundschau: Respekt, Herr Präsident!

Cottbus (ots)

Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zur Wahl des
Bundespräsidenten:
Respekt, Herr Präsident, der Auftakt war überzeugend. Was Horst
Köhler nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt den Deutschen gestern im
Reichstag zum Besten gab, passt nicht nur in die Zeit, in der wir
leben. Es war auch eine Ermutigung der besonderen Art, ein Appell an
alle und ein Versprechen für alle. Wenn Köhler hält, was er
verspricht, kann Deutschland sich auf einen Präsidenten freuen, der
dem Land neue Impulse gibt und es in hervorragender Weise
repräsentiert. Gewiss ist Köhlers politisches Gewicht schwer zu
definieren. Er ist ja ein Seiteneinsteiger, der politisch nie selbst
aktiv war, sondern der Politik als beamteter Staatssekretär und
IWF-Chef gedient hat. Gleichwohl hat er schon in seiner ersten Rede
deutlich gemacht, dass er sehr wohl gedenkt, sein Amt auch politisch
zu akzentuieren, also seine eigenen Analysen mit konkreten
Erwartungen an die Verantwortlichen zu verknüpfen. Das kann dem Land
nur gut tun, hat doch auch die letzte "Berliner Rede" des scheidenden
Präsidenten Johannes Rau gezeigt, dass die Bevölkerung klare Worte
schätzt. Ein Ökonom auf dem obersten Sessel der Nation, das ist neu.
Köhler ließ erkennen, dass er diese fachliche Vorprägung nutzen will,
und er tat dies bereits mit seinem Hinweis auf die "überfälligen
Reformen". Damit spricht er nicht nur jenen aus der Seele, die ihn
inthronisiert haben (Union und FDP); er bestätigt gleichzeitig auch
den Agenda-Kanzler, der sich seit längerem in diesem Sinne bemüht -
und dafür von den wankelmütigen Wählern abgestraft worden ist. Köhler
bewies aber auch, dass er nicht dogmatisch denkt. Seine "Sorge um die
Arbeitplätze und soziale Sicherheit" erwähnte er ebenso wie den
Kindermangel und die Spaltungstendenzen in der Gesellschaft. Er mag
für den Anfang etwas viele Schlagworte benutzt haben ("Kraft der
Freiheit", "Land der Ideen", "neue Gründerjahre"), die gut klingen,
aber abstrakt sind. Doch seine Kernfrage: "Was will Deutschland, wo
will es hin?" ist genau der Ansatz, den die Republik jetzt braucht.
Fraglos ist Köhlers Wahl auch ein Signal zum Machtwechsel. Ganz so,
wie die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Edmund Stoiber (CSU)
und Guido Westerwelle (FDP) sich das ausgedacht haben. Allerdings
hätte es dieses Signals gar nicht bedurft, sind die Bürger in ihrer
großen Mehrheit doch bereits seit geraumer Zeit der nachhaltigen
Ansicht, die rot-grüne Bundesregierung werde den Anforderungen nicht
mehr gerecht. Man darf deshalb getrost davon ausgehen: Auch bei einer
Wahl der sehr respektablen Kandidatin Gesine Schwan hätten sich die
Chancen von SPD und Grünen auf eine Wiederwahl 2006 (oder früher?)
nicht wirklich verbessert. Es ist müßig darüber zu spekulieren, warum
nur 604 der 622 bürgerlichen Wahlmänner und -frauen für Köhler
gestimmt haben. Vielleicht hat die weibliche Alternative Schwan und
der Slogan "Frau nach Rau" das Wahlverhalten einzelner beeinflusst.
Was zählt, ist die glatte Wahl im ersten Durchgang. Vor dem
Präsidenten liegt eine große Aufgabe, denn gerade in den unruhigen
Zeiten der Globalisierung wird die Rolle eines verständnisvollen und
überparteilichen Moderators immer wichtiger. Wenn es Köhler weiterhin
gelingt, in seinen Ansprachen an das Volk den richtigen Ton zu
treffen, wird er sein Amt in überzeugender Manier ausfüllen können.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

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