Lausitzer Rundschau: Der Ost-Gipfel beim Kanzler
Cottbus (ots)
Es hat den Kanzler also überrascht, dass die sechs ostdeutschen Länderchefs unisono die Arbeitsmarktreform abgelehnt haben. Deswegen bittet er sie heute ins Kanzleramt. Nur, was soll so ein Gespräch, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist? In Potsdam und anderswo wird man die Gelegenheit zu nutzen versuchen, um die eine oder andere Forderung an den Kanzler zu formulieren, damit dem Heer der Arbeitslosen doch noch die eine oder andere Chance eröffnet wird. Tatsächlich aber handelt es sich dabei um hilflose Schadensbegrenzung. Mit den eingeklagten, staatlich gesteuerten Beschäftigungsprogrammen, die einen Teil des bei Arbeitslosen eingesparten Geldes in die Region zurückbringen sollen, geht es wieder einen Schritt in die falsche Richtung. Denn Hartz IV verstärkt das wirtschaftliche Auseinanderdriften des Landes. Maßgeschneidert für die Wachstumsregionen des Westens, beschleunigt das Programm die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte und die Verarmung eines noch größeren Teils der zurückgebliebenen Arbeitssuchenden. Das als Reform verschleierte Kürzungsprogramm trifft Ostdeutschland bei der privaten Kaufkraft an seiner empfindlichsten Stelle. Leidtragender ist vor allem der ohnehin schwache Mittelstand, der dann auch noch durch die angekündigten Beschäftigungsprogramme in die Zange genommen wird. Und es ist nicht nur keine Antwort auf die Probleme des Ostens, es ist eine offene Kampfansage an die ostdeutsche Politik. Denn die Beschwichtigungsrunde nach dem Sündenfall hat ja auch etwas zutiefst Absurdes, nicht nur weil drei der verbliebenen sieben sozialdemokratischen Länderchefs der Bundesrepublik dagegen votierten. Es hat sicher eine Vielzahl von Gründen für dieses ostdeutsche Nein gegeben. Aber im Kern war allen klar, dass das Gesetz - abgesehen von der Stadt Berlin - ganz eindeutig den Interessen dieser Bundesländer zuwiderläuft. Die Überraschung über das ostdeutsche Votum und das Gespräch danach offenbaren auch, dass die rot-grüne Bundesregierung den Politikern der neuen Länder eine besondere Demutshaltung empfiehlt. Das aber läuft nach der ökonomischen Abstrafung auf eine Entmündigung hinaus. Dafür hat in der föderalen Demokratie auch der Kanzler kein Mandat. Ein solches aber maßt er sich an mit diesem Termin, der zu spät kommt.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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