Lausitzer Rundschau: Die LAUSITZER RUNDSCHAU Cottbus zu SPD zettelt neuen Streit um Mindestlöhne an
Cottbus (ots)
Die Konfusion in der SPD über die richtige Arbeitsmarktpolitik ist offenbar immer noch steigerungsfähig. Da wirft Parteichef Müntefering zur Befriedung einiger Hartz-IV-Kritiker die Idee eines gesetzlichen Mindestlohnes in die Debatte. Genau diese Reform aber unterläuft bestehende Einkommensuntergrenzen mittels verschärfter Zumutbarkeit systematisch. Wirtschaftsminister Clement wiederum verteidigt die von ihm verfochtene Aufhebung tarifvertraglicher Regelungen als probaten Weg zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt. Einen Mindestlohn lehnt er dagegen mit der Begründung ab, er wolle nicht in die bewährte Tarifautonomie in Deutschland eingreifen. Was die Herren des Widerspruchs wirklich meinen, bleibt offen. Manchmal helfen Fakten bei der Meinungsbildung. In Ostdeutschland gibt es längst Branchen, in denen dem Arbeitsvertrag gleich ein Antrag auf ergänzende Sozialhilfe beigelegt werden kann. Und da sich die Reallohnspirale in immer mehr Wirtschaftsbereichen nur nach unten dreht, wächst die Zahl derer, die gerade so über die Runden kommen. Ein durchsetzbarer Mindestlohn wäre da ein Segen nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Aufträge der regionalen Wirtschaft. Diese praktische Seite der Debatte interessiert aber weder einen Clement noch einen Müntefering und die Opposition schon gar nicht. Dummerweise geht aber auch im akademischen Teil des Streits einiges durcheinander. Als weithin konsensfähig gilt die Annahme, zusätzliche Arbeitsplätze könnten vor allem im Billiglohnbereich entstehen. Ebenso findet die Forderung breite Unterstützung, dass es einen hinreichenden Lohnabstand zur staatlichen Unterstützung geben muss, damit sich Arbeit für die Erwerbstätigen lohnt. Auch diese beiden Überzeugungen sind nur schwer vereinbar. Das zeigt sich in Deutschland seit Jahren. In der Sorge um den ausreichenden Lohnabstand wird regelmäßig mal über zu hohe Löhne, mal über zu hohe Sozialleistungen lamentiert. Werden aber stets beide Größen verringert, ist nichts gewonnen. Wer sowohl den Lohnabstand als auch eine gewisse sozialstaatliche Grundsicherung bewahren will, braucht eine Untergrenze für das Einkommen. Schaffen es die Tarifparteien nicht, diese durchzusetzen, bleibt nur, wie in fast allen Industrienationen längst üblich, die Alternative eines gesetzlichen Mindestlohns.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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