Lausitzer Rundschau: Welle der Gewalt in den Niederlanden
Schluss mit lustig
Cottbus (ots)
Was die Niederlande derzeit durchleben, ist nichts weniger als ein Schock, der das Land verändern wird. Die Gesellschaft galt lange als durch und durch liberal, ihr Staat als offen und tolerant, als Obrigkeit, die duldete und lange stets neue Freiräume zu schaffen bereit war. Zuerst war es die sexuelle Revolution, dann kam die Freiheit für den Gebrauch weicher Drogen. Danach überraschte Holland mit der Legalisierung der Sterbehilfe unter bestimmten Voraussetzungen. Und vor wenigen Jahren machte sich Den Haag zum Vorreiter bei der Anerkennung von Homo-Ehen. Holland das galt der Welt als tolerantes Paradies mit vielbewunderter Freiheit wie Freizügigkeit für jedes und jeden. Jetzt stellt der Mord an dem Filmregisseur und Provokateur Theo van Gogh diese seit Jahrhunderten gewachsene Toleranz auf den Prüfstand. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass Holland keine Insel des Friedens mehr ist. Adjiedj Bakas, ein enger Freund des Filmemachers, fasste dieser Tage nur in Worte, was als dunkle Ahnung über den Niederländern schwebt. Schon macht das Schlagwort von der Übertoleranz die Runde. Der Anschlag, wohl von einem 26-Jährigen begangen, der sich im islamischen Fundamentalisten-Milieu bewegte, schreckte die Menschen auf und erregt Hass. Hass gegen eine wachsende Zahl von Zuwanderern, unter ihnen viele Muslime. Tausende gingen in den Städten auf die Straßen, lautstark machten sie ihrem Unmut Luft. Unter ihnen auch Radikale, die sich nicht scheuten, gegen Moslem- Parasiten zu Felde zu ziehen und Parolen wie Unser Volk zuerst anzuschlagen. Das ist brandgefährlich in einem Staat, in dem sich fast eine Million Menschen zum muslimischen Glauben bekennt. Das treibt einen Keil in die Gesellschaft. Bald könnten die unterschiedlichen Gemeinschaften so weit getrieben sein, dass sie sich als Feinde gegenüberstehen. Dann hätte der 2002 ermordete Rechtspopulist Pim Fortuyn doch Recht gehabt, der einen Kampf der Kulturen vorhergesagt hatte. Den Haag wird sich fragen müssen, ob seine Zuwanderungs- wie Einbürgerungspolitik richtig war. Ob es Immigration nicht zu planlos und ungezielt einfach hingenommen hat. Und ob es nicht zu naiv war, anzunehmen, dass seine Neubürger die niederländischen Wertvorstellungen automatisch übernehmen würden.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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