Lausitzer Rundschau: Streit über Pflegereform
Unpopuläre Wahrheiten
Cottbus (ots)
Wenn etwas wirklich nach Reform schreit, dann ist es die Pflegeversicherung. Seit 1995 sind Beitrag und Leistungssätze unverändert. Und trotzdem rutscht die Kasse immer tiefer in die roten Zahlen, weil immer mehr Menschen auf diesen Sozialversicherungszweig angewiesen sind. Der Bundeskanzler tat lange Zeit so, als könne die Politik der demographischen Entwicklung trotzen. Aus Angst vor dem Wähler hatte er ein Reformmodell seiner Kabinettskollegin Ulla Schmidt vor gut einem Jahr gekippt. Nun soll plötzlich doch wieder alles ganz schnell gehen. Aber die Gefahr ist groß, dass sich der dringende Handlungsbedarf in ideologischen Grabenkämpfen verliert. Ohne die Union wird es keine Pflegereform geben. Und betrachtet man die Machtkonstellation realistisch, dann ist ihre Mehrheit im Bundesrat auf Jahre hinaus zementiert. Insofern kann die SPD zwar wohlfeil über eine Pflegebürgerversicherung philosophieren. Doch die Aussicht auf Verwirklichung ist praktisch gleich null. Rot-Grün und Union müssen sich gemeinsam auf das Machbare konzentrieren. Klar ist, dass der Finanzbedarf in der Pflegeversicherung steigt. Klar ist auch, dass die Lohnnebenkosten nicht weiter steigen dürfen. In dieser Situation gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder die politischen Akteure verständigen sich auf Steuererhöhungen, oder die Arbeitnehmer werden künftig mit einem höheren Pflegebeitrag leben müssen. Der entsprechende Reformansatz der Grünen ist dann auch nicht gerade populär, aber realistisch. Wer den Bürgern weismachen will, die Pflege einer alternden Gesellschaft ginge am persönlichen Geldbeutel spurlos vorüber, streut ihnen Sand in die Augen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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