Lausitzer Rundschau: Zu Krankenstand/Deutschland: Krisen-Symptome
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Krankenstand/Deutschland:
Strotzen deutsche Arbeitnehmer vor Gesundheit, oder sind sie einfach zu diszipliniert, um blauzumachen? Beides geht wohl haarscharf an der Realität vorbei. Wenn hier zu Lande von den gesündesten Belegschaften in ganz Europa gesprochen wird, bedeutet das lediglich: Immer weniger Arbeitnehmer melden sich krank. Aus Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes gehen viele lieber gleichsam mit dem Kopf unterm Arm zur Arbeit statt zum Arzt und sparen sich dabei noch die ungeliebte Praxisgebühr. Sicher zahlen sich auch gewachsenes Gesundheitsbewusstsein und Vorsorge aus. Und wenn in der Hälfte aller Unternehmen keiner mehr über 50 beschäftigt wird, sinkt auch das Krankheitsrisiko, das natürlich mit zunehmenden Alter wächst. Ein Grund zur Euphorie aber sind diese Statistiken nicht. Denn sie haben auch eine Kehrseite: Während die Zahl der Krankschreibungen insgesamt zurückging, stieg die Zahl der psychischen Erkrankungen in den letzten acht Jahren um 70 Prozent. Zu viel Arbeit kann krank machen, aber keine Arbeit ist eben auch nicht gesund. So erkranken Arbeitslose dreimal so häufig an psychischen Störungen wie Berufstätige. Und unter jenen sind auch immer mehr jüngere Arbeitnehmer. Sie halten dem erhöhten Arbeitsdruck nicht stand, leiden unter Angststörungen, fühlen sich depressiv, vor der Zeit ausgebrannt. Symptome, die auch Arbeitgeber nachdenklich machen sollten. Zwar hat sie der niedrige Krankenstand bei den Lohnnebenkosten um Milliarden entlastet. Was sie in wirtschaftlichen Krisenzeiten besonders freuen mag. Viele Arbeitnehmer aber führt das in eine persönliche Krise. Letztlich wird diese auch die Unternehmen nicht unberührt lassen, wenn sie nicht durch ein gesünderes Arbeitsklima ohne Angst und Druck gegensteuern. Im Übrigen gehörte soziale Verantwortung auch einst zur Unternehmenskultur.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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