Lausitzer Rundschau: Kinder in der Lausitz
Glück ist gar nicht so teuer
Cottbus (ots)
Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten geschickt vom Chef oder dem Arbeitsamt zu einem dieser neumodischen Persönlichkeits- Rundumtests. Zuerst wird Ihre körperliche Verfassung begutachtet. Zu dick, lautet wahrscheinlich das Urteil, zu unbeweglich, motorisch deutliche Mängel. Das Sprachvermögen? Kleiner Wortschatz, schlechte Grammatik, kaum in der Lage, logische Sätze zu bilden. Allgemeinbildung desaströs, ebenso wie das Beherrschen schlichter Primär- und Sekundärtugenden. Prüfungsergebnis: Absolut mangelhaft, Sie haben auf der ganzen Linie versagt. Und? Wie fühlen Sie sich jetzt? Genau: Sie fühlen sich exakt so wie ein Kind im Jahr 2005, irgendwo in der Region. Denn egal, was heute über Kinder gesagt, geschrieben oder gesendet wird, man kann sicher sein, dass es etwas Schlechtes ist. Versagt bei Pisa, versagt in allen sportlichen Disziplinen. Verwöhnt, faul, frech und undiszipliniert ein klarer Fall für die Super-Nanny. Schuld ist, bequemerweise, das Bildungs- oder gleich das ganze Gesellschaftssystem. Das mag, je nach Standpunkt, gar nicht so falsch sein. Aber was hilfts dem Kinde? Wer die Schüler hier in der Region fragt, wann sie am glücklichsten sind, bekommt einfache Antworten. Wenn Papa mit mir was baut. Wenn Mama mit mir kuschelt. Wenn ich mit Freunden draußen rumtoben darf. Wer in den vergangenen Wochen mal bei den großen Läufen in Cottbus oder im Spreewald zugeschaut hat, der hat keine faulen, computersüchtigen Kinder gesehen. Der hat Spaß und Ehrgeiz gesehen, tolle Teams und viele glückliche Gesichter. Klar, der hat auch eine Menge erschöpfter Väter und Mütter gesehen. Die nämlich mussten sich aufraffen, ihren Nachwuchs motivieren, das Turnzeug raussuchen, Chauffeur spielen und Wasserflaschen schleppen. Das ist anstrengend. Kostet Kraft und Nerven. Aber den Kindern bringt es ungeheuer viel. Glück nämlich und Lust auf Zukunft. Den Staat und die Politiker muss man deswegen nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Aber es macht einfach mehr Spaß, selbst mal was zu bewegen, als immer nur auf die da oben zu schimpfen. Und vielleicht klappt es dann ja auch mit Pisa.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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