Lausitzer Rundschau: Bundestag billigt EU-Verfassung
Ohne Herz und wertlos
Cottbus (ots)
Deutschland steht fest zu Europa. Das Votum des Deutschen Bundestages fiel in seiner Eindeutigkeit überragend aus. 569 Abgeordnete sagten gestern Ja zum Ratifizierungsgesetz. Dass 23 Abgeordnete mit Nein stimmten und zwei sich der Stimme enthielten, ist dabei überhaupt kein Unglück, nicht mal ein Schönheitsfleck. Im Gegenteil. In einer Frage von so herausragender Bedeutung ziert es ein demokratisch gewähltes Parlament durchaus, wenn nicht alle Abgeordneten stromlinienförmig im Geleitzug daherkommen, zumal dieses abweichende Votum auch die Stimmung im Lande zum Thema Europa recht gut widerspiegelt. Gerade die Redner aus dem Lager der Vertragskritiker machten gestern eindrucksvoll deutlich, dass sie sich gründlich Gedanken gemacht hatten über das umfangreiche Werk, es also vermutlich auch von A bis Z wirklich gelesen hatten, was man wohl nicht jedem Abgeordneten unbesehen unterstellen darf. Trotz des überzeugenden deutschen Votums bleibt nach der gestrigen Regierungserklärung von Bundeskanzler Schröder und nach den Debattenbeiträgen ein fader Nachgeschmack. Im Bundestag wurde Europa gestern buchstäblich routiniert abgewickelt. Von tiefer politischer Leidenschaft, von Antworten auf praktische Fragen, die die Bürger im Land wirklich brennend interessieren, war da wenig zu hören. Über weite Strecken redete da eine Politiker-Kaste in einer ganz eigenen Welt. Doch viele Menschen empfinden Europa heute immer weniger als eine Bereicherung. Vielen macht dieses Gebilde buchstäblich Angst. Die Europäische Union ist nämlich insgesamt in einer schlechten Verfassung, weil zu atemlos auf Wachstum der Mitgliederzahl gesetzt wurde. Europa heute, das ist für viele Menschen vor allem eine große Quasselbude in Straßburg, ein steuergeldfressender Moloch, ein bürokratisches Mammut bei der Kommission in Brüssel und ein zügelloser Gesetzes- und Vorschriften-Fabrikant, den niemand mehr so recht durchschaut und traut. Statt der vielen aufgeplusterten Reden hätten die Bürgerinnen und Bürger es verdient gehabt, wenn sie gestern vom Bundestag etwas mehr Substanzielles auch dazu zu hören bekommen hätten. Sicher, Europa braucht eine neue Verfassung. Aber die ist am Ende das Papier nicht wert, auf dem sie steht, wenn die Menschen in Europa die Europäische Gemeinschaft nicht positiv und frohen Herzens annehmen. So gesehen ist Europa in diesen Wochen trotz neuer Verfassung in einer ziemlich schlechten Verfassung.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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