Lausitzer Rundschau: Lausitzer Rundschau zur Gewalt in Nahost: Zeichen stehen auf Sturm
Cottbus (ots)
Die Siedler gegen Ariel Scharon, Hamas gegen Mahmud Abbas: Auf beiden Seiten, in Israel und bei den Palästinensern, stehen die Zeichen auf Sturm. Und dies weniger als einen Monat vor dem geplanten Beginn des israelischen Rückzuges aus dem Gazastreifen und Teilen des nördlichen Westjordanlandes. Die Siedler wollen diesen verhindern, haben aber größtenteils eingesehen, dass sie dies nicht mehr können. Hamas will den Rückzug auf sein Konto verbuchen als Flucht der Besatzungsmacht vor dem islamistischen Widerstand. Scharon wird, wie man es bereits vom militärischen Haudegen gewohnt ist, seinen Willen durchsetzen ohne Rücksicht auf interne Opposition und Verluste. Abbas will den von ihm ausgehandelten Waffenstillstand und damit sein internationales Ansehen und seine Glaubwürdigkeit retten, ohne die es keine Verhandlungen, keine Fortschritte geben kann. Scharon und Abbas, Siedler und Hamas kämpfen um die Macht am Tage danach. Nach Abschluss des israelischen Truppenrückzuges wird sich wohl die Arbeitspartei aus der Regierung zurückziehen, scheinen vorzeitige Neuwahlen unvermeidlich. Scharon droht in seiner eigenen Partei eine Niederlage bei der Wahl des Spitzenkandidaten gegen Finanzminister Benjamin Netanjahu. Folglich muss er diesen nationalistischen Opportunisten entweder erneut austricksen oder aber mit einem spektakulären politischen Erfolg in die Defensive drängen. Ein von einer großen Bevölkerungsmehrheit gewünschter Rückzug ohne eigene Tote wäre ein solcher. Die Siedler wiederum wollen Rache, also Scharons Sturz, sind aber durch Netanjahus stilloses Manövrieren verunsichert. Noch schneller als Scharon könnte es Mahmud Abbas an den Kragen gehen: Setzt er sich gegen Hamas durch was letztlich wohl nur mit Gewaltanwendung möglich sein dürfte so wird er für die bürgerkriegsähnlichen Kämpfe verantwortlich gemacht. Gibt er aber den Islamisten nach, so verliert er im In- und Ausland jeden Respekt. Beide Szenarien sind für ihn verheerend angesichts der anstehenden Parlamentswahlen. Bedenkt man die personellen, und damit auch ideologisch-politischen Alternativen zu Scharon und Abbas, so muss einem Bange werden. Der bevorstehende israelische Rückzug stellt wohl kaum den gewünschten Neubeginn in Richtung Frieden dar, sondern droht für lange Zeit die letzte positive Entwicklung im Krisenherd Nahost zu werden.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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