Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zur Räumung der Siedlungen im Gazastreifen: Ausgeträumt
Cottbus (ots)
Nach über 35 Jahren ist die israelische Besiedlung des Gazastreifens mit der Räumung Netzarims zu Ende gegangen. Endlich. Die Räumung beendete Träume. Für die Siedler geht ein messianischer Wunschtraum zu Ende, für die Palästinenser ein alltäglicher Albtraum. Doch anderseits ist Israel dem ur-zionistischen Traum eines demokratischen Judenstaates näher gekommen, indem es erstmals den fundamentalreligiösen Nationalismus gebändigt hat. Die Palästinenser im Gazastreifen können, wenn sie sich ihrer Chance bewusst sind und sich entsprechend verhalten, offenen Auges von einem eigenen Staat träumen. Man muss es selbst am eigenen Leib erfahren haben, um richtig einschätzen zu können, was die jüdischen Siedlungen im Gazastreifen sowohl für die Siedler als auch für die Palästinenser bedeuteten. Es war für beide Seiten ein unmöglicher, ein Menschen verachtender Alltag. Kinder wuchsen in ständiger Angst auf, Eltern mussten sich stets Sorgen um ihre Familie machen. Gewalt war allgegenwärtig, meist zwar unter der Oberfläche, doch auch jahrelang sicht- und spürbar. Das konnte nicht gut gehen. Eine Explosion des Hochdruckkessels Gazastreifen war unvermeidlich. Es erfolgten gleich zwei: die beiden Intifadas. Doch die Siedler und die meisten israelischen Politiker wollten die Realität nicht sehen, verschlossen vor ihr gleich beide Augen. Noch bei den jüngsten Wahlen erlitt Avraham Mitzna als Chef der Arbeitspartei eine fürchterliche Niederlage, nachdem der Ex-General mit jahrelanger Erfahrung in den besetzten Gebieten unter anderem den Abzug aus dem Gazastreifen vorschlug. Wahlsieger Ariel Scharon setzt nun den Vorschlag des Verlierers um Siedlungsräumungen und Truppenabzug. Ob es allein der plötzlich wie ein Gewitter über den Politiker Sharon herabgeprasselte Realitätssinn war, der ihn zum Umdenken, zur Umkehr, zur Abkehr von seiner nationalistischen Ideologie brachte, oder ob Scharon glaubt, mit der Räumung der wenigen Gazastreifen- Siedlungen ein notwendiges Bauernopfer gebracht zu haben und so den König, das weitaus größere Siedlungswesen im Westjordanland retten zu können: Fragen, auf die er keine Antwort gibt, sie vielleicht auch selbst gar nicht weiß. Was solls? Wichtig ist, dass in unmittelbarer Zukunft auch der Truppenabzug aus dem Gazastreifen so zügig und gekonnt abgeschlossen wird wie dies mit den Räumungen geschah. Noch wichtiger ist gar, dass die Palästinenser ihrerseits dafür sorgen, dass die Israelis keine Gründe für einen erneuten Einmarsch als Präventiv- oder Vergeltungsschlag haben werden, dass also Ruhe und Ordnung bei ihnen herrschen.
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