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Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zum Wahlkampfmotto Henry Nitzsches: Unerträglich

Cottbus (ots)

Eines muss man ihm lassen: Henry Nitzsche, der
CDU- Bundestagsabgeordnete aus dem beschaulichen kleinen Lausitzer
Örtchen Oßling im Landkreis Kamenz, versteht es, bundesweit für
Aufsehen zu sorgen Allerdings nicht im Positiven. Für seine Ausfälle
gegen in Deutschland lebende Türken musste er sich im November 2003
nach heftiger Kritik offiziell entschuldigen; im Oktober 2004 zog er
eilends eine Pressemitteilung zurück, in der er der rot-grünen
Bundesregierung vor dem Hintergrund der Debatte um einen EU-Beitritt
der Türkei vorwarf, diese wolle das deutsche Volk auflösen und das
christliche Abendland abschaffen. Jetzt ist wieder knapp ein Jahr
vergangen – und wieder sorgt Nitzsche für Gesprächsstoff. Diesmal mit
seinem Wahlkampfmotto: Arbeit, Familie, Vaterland. Gegen die Begriffe
sei doch grundsätzlich nichts zu sagen, bringen vereinzelte
Christdemokraten zur Verteidigung des Lausitzers vor. Prinzipiell ist
dieses Argument richtig, es greift aber zu kurz. Denn das Ganze ist
mehr als die Summe seiner Teile. Vom Begriff Vaterland mag man
halten, was man mag – aber Nitzsche ist derzeit nicht wegen ihm unter
Druck, sondern wegen der Verwendung der gesamten Parole, die
historisch schwer belastet ist. Das Vichy-Regime hat sie geprägt,
jene französische Regierung also, die nach dem Juni 1940 mit Hitler-
Deutschland kooperierte und ab 1942 ausländische und französische
Juden in die Vernichtungslager des Ostens deportierte. Dass die NPD
die Parole jüngst über ihren Bundesparteitag stellte, bestätigt nur
alles, was man schon bisher über die Geisteshaltung dieser Leute
wusste. Dass sie jetzt ein demokratischer Politiker verwendet, ist
absolut unerträglich. Wer daran zweifelt, sollte vielleicht einmal
das Holocaust-Mahnmal in Berlin besuchen: Dort ist, im Ort der
Information, der Brief eines zwölfjährigen jüdischen Mädchens
ausgestellt, das 1942 kurz vor seinem Tod in einem
Konzentrationslager an den Vater schrieb: Vor dem Tod nehme ich
Abschied von Dir. Wir möchten leben, doch man lässt uns nicht, wir
werden umkommen. Ich habe solche Angst vor diesem Tod, denn die
kleinen Kinder werden lebend in die Grube geworfen. Auf Wiedersehen
für immer. Ich küsse Dich inniglich. Auch das Vichy-Regime ist für
Schicksale wie dieses mitverantwortlich. Wer das ignoriert, hat im
Deutschen Bundestag nichts zu suchen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

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