Lausitzer Rundschau: Zu Mord/Berlin/Christian: Aus Fehlern lernen
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Mord/Berlin/Christian:
Wieder ist in diesem Land ein Kind Opfer eines schrecklichen Verbrechens geworden und die Menschen in Berlin-Zehlendorf, in ganz Deutschland stehen vor der Frage, ob dieser elende Tod eines Jungen nicht zu verhindern gewesen wäre. Denn dieser Fall ist ja nur einer aus einer langen Kette von Grausamkeiten, wo gewissenlose Eltern, unkontrollierbare Sexualtäter oder wie jetzt gewalttätige Heranwachsende ein Leben auslöschten, obwohl vorher bestens bekannt war, dass sie zu einer Gefahr für die Menschen in ihrer Umgebung werden können. Wieder einmal droht dieses schreckliche Ritual der amtlichen Entschuldigung. Dass möglicherweise Mitarbeiter von Jugendämtern, Polizisten, Strafvollzugsbedienstete, ärztliche Gutachter oder wie jetzt in Berlin Haftrichter einen Fehler gemacht haben, wird entschieden zurückgewiesen. In Berlin hat ein Richter darauf vertraut, dass ein brutaler Schläger in Freiheit einen Weg aus der Gewalt finden könnte, obwohl es schwer wiegende Gründe und auch rechtliche Möglichkeiten gab, ihn wegzusperren in eine Anstalt, deren Zweck ja vor allem die Resozialisierung, also die Wiedereingliederung in das Leben sein soll. Dies war ganz offenkundig ein problematisches Urteil, das eine Familie in grenzenloses Unglück stürzte, weil es ein Leben forderte und den Täter in genau jene Haftanstalt brachte, in der er längst sitzen sollte. Aber anstatt darüber nachzudenken und Wege zu suchen, wie dergleichen in Zukunft verhindert werden könnte, redet die Justizsenatorin der Hauptstadt vorneweg von der richterlichen Unabhängigkeit. Dabei vergisst sie, dass richterliche Entscheidungen im Namen des Volkes ergehen und ihr Justizapparat sowie die Haftanstalten oder Einrichtungen der vorbeugenden Sozialarbeit Rechenschaft schuldig sind und zwar der Gesellschaft, die sie legitimiert und finanziert. Vor allem aber versündigen sich politisch Verantwortliche an den Opfern solcher Verbrechen und an deren Angehörigen und Freunden, wenn sie mit kaltschnäuzigen Stellungnahmen die Verantwortung loswerden wollen. Wir leben nicht in einer Wildnis, wo der gewaltsame Tod eben ein Schicksal ist, das für die hingenommen werden muss, die nicht von Personenschützern begleitet werden. Wir sollten vielmehr bereit sein, aus Fehlern für die Zukunft zu lernen. Das aber setzt voraus, dass solche auch benannt werden. Dieses Eingeständnis kommt ja auch in solch schwer wiegenden Fällen nicht einem Todesurteil gleich. Es würde aber signalisieren, dass Richter, Polizisten, Sozialarbeiter und auch Politiker nicht ausschließlich für sich selbst arbeiten, sondern vor allem dafür da sind, Wehrlose zu schützen.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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