Lausitzer Rundschau: Die Lausitzer Rundschau Cottbus zu Merkels Ministerriege: Ihre Handschrift fehlt
Cottbus (ots)
Bei der Wahl ihrer Schlagworte hat Angela Merkel bisher kein glückliches Händchen bewiesen. Durchregieren wolle sie als Kanzlerin, verkündete die CDU-Vorsitzende im Wahlkampf. Ihre Ministerpräsidentenriege höhnte unverblümt von wegen. Jetzt spricht sie gerne von einer Koalition der neuen Möglichkeiten, die Union und SPD unter ihrer Führung schmieden werden. Das Zustandekommen von Merkels Ministeraufgebot lässt anderes erahnen. Mit wenigen Ausnahmen trägt die Kabinettsliste nicht ihre Handschrift, sondern ist Ausdruck der inner- und schwesterparteilichen Zwänge und Machtkämpfe. Einen hohen Preis hat die Ostdeutsche für ihre Regentschaft bezahlen müssen. Erst an die SPD und jetzt an diejenigen bei CDU und CSU, die ihrem Machtanspruch Grenzen setzen wollen. Die Zahl der Loyalen, die Merkel ins Kabinett bugsieren konnte, lässt sich an einer Hand abzählen: Annette Schavan (Bildung) und Ursula von der Leyen (Familie). Die Frauencombo. Beide werden keine einflussreichen Ressorts führen. Bleibt Wolfgang Schäuble (Inneres). Ihm kommt als einziges Schwergewicht der CDU eine Schlüsselrolle zu. Er, der Erfahrene, muss Merkel helfen, Macht zu gewinnen und sie zu behalten. Das wird heikel. Ähnlich verhält es sich mit Thomas de Maizière, dem neuen Kanzleramtsminister. Seine Berufung ist vordergründig eine Überraschung. Der zweite Blick zeigt: Alle anderen bis dato gehandelten Namen wären politische Leichtgewichte im Kanzleramt gewesen. Ansonsten findet man am Kabinettstisch nur rote und schwarze Widersacher und eine Art trojanisches Pferd. Das ist der künftige Verteidigungsminister Franz Josef Jung aus Hessen. Er wird der verlängerte Arm des mächtigen Ministerpräsidenten Roland Koch sein. Und der lauert auf Merkel-Fehler. Zentrale Figur im künftigen Regierungskampf der Ostdeutschen bleibt jedoch der neue Wirtschaftsminister Edmund Stoiber. Gegen alle Widerstände hat er Horst Seehofer radikal durchgesetzt. Ausgerechnet ihn, Merkels alten Feind. Stoibers Rechnung mag jetzt aufgehen, später könnte er enden wie der Genosse Wolfgang Clement. Der war genauso großspurig gestartet und wurde von seinen vergrätzten Leuten zurechtgestutzt. Bleibt die Frage, welche Rolle Merkel jenseits des Titels Kanzlerin einnehmen will. Im Kabinett der scheinheiligen Freunde kann sie nur kraftvoll sein, wenn sie sich endlich über Inhalte definiert. Nur das war noch nie ihre Stärke.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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