Lausitzer Rundschau: Zu Heye/Fußball-WM/Brandenburg: Wie verzerrte Bilder entstehen
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Heye/Fußball-WM/Brandenburg:
Wenn der ehemalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye ausländische Besuchern davor warnt, bestimmte Gebiete Brandenburgs zu besuchen, dann dürfte ihm der Beifall von einer Seite sicher sein - von eben jenen Dummköpfen, die am liebsten ganze Gebiete Deutschlands zu fremdenfreien Zonen erklären wollen. Die Äußerungen Heyes sind also zum einen kontraproduktiv. Zum anderen sind sie inhaltlich Unfug - und in ihrer Unschärfe sogar infam. Der Verweis auf nicht näher bezeichnete "kleine und mittlere Städte in Brandenburg", in denen Farbige um ihr Leben fürchten müssten, diffamiert letztlich das gesamte Land als Hort der Totschläger und Rechtsradikalen. Mit pauschalen Verunglimpfungen gegen pauschale Vorurteile - es ist schon eine merkwürdige Strategie, die der Vorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen! Aktion weltoffenes Deutschland" da verfolgt. Die Empörung, die ihm nun entgegenschlägt, ist mehr als berechtigt. Leider aber ist diese Sicht - nicht nur Brandenburgs, sondern des gesamten Ostens - in den Alt-Bundesländern relativ weit verbreitet. Auch damit hat es zu tun, dass ein extrem hoher Prozensatz der Westdeutschen die neuen Bundesländer noch nie besucht hat. Und nicht im Traum daran denkt, das in der Zukunft nachzuholen. Man kann sich über ein derart verzerrtes Bild - und über das gute Stück Ignoranz, das dahinter steckt - maßlos ärgern. Völlig falsch wäre es aber, ihm das ebenso verzerrte Bild einer angeblich heilen Welt entgegenzusetzen, in der eigentlich alles in bester Ordnung ist. Denn eines lässt sich nicht leugnen: Das Problem Rechtsextremismus spielt in Brandenburg - und auch in Sachsen - eine signifikant größere Rolle als anderswo in der Republik. Und jede rassistische Pöbelei auf der Straße, jedes judenfeindliche Banner im Fußballstadion, jede Attacke von Neonazis auf ausländische Besucher - seien es spanische Studenten in Cottbus oder eine polnische Reisegruppe in Senftenberg - trägt das Ihre dazu bei, das verzerrte Bild eines Uwe-Karsten Heye zu verfestigen. Doch was können die Bran-denburger und Sachsen nun tun, um dem etwas entgegenzusetzen? Hilfreich sind zum einen Bilder wie vom Sonntag und Montag dieser Woche, als tausende Energie-Fans auch und gerade die dunkelhäutigen Spieler ihres Vereins gefeiert haben. Von wegen fremdenfeindlich! Zum anderen sind alle gesellschaftlichen Gruppen - Politik, Schulen, Justiz, Polizei, Vereine und Medien - gefordert, ein Klima zu schaffen, das rassistische Übergriffe zunehmend unmöglich macht. Natürlich: Dass man Menschen anderer Herkunft, Religion oder Hautfarbe weder totschlagen, noch beleidigen oder in einer anderen Art diffamieren darf, das versteht sich unter zivilisierten Menschen des 21. Jahrhunderts von selbst und bedarf einer weiteren Begründung nicht. Vielleicht sollte aber dennoch ein Aspekt künftig stärker herausgestellt werden, auf den kürzlich Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck hingewiesen hat: Toleranz ist ein knallharter Standortfaktor, der bei der Ansiedelung insbesondere internationaler Unternehmen eine gewichtige Rolle spielt. Vor diesem Hintergrund richten sich rassistische Übergriffe nicht nur gegen die Opfer selbst. Sie sind direkte Angriffe auf uns alle. Auf unser Ansehen in Deutschland und der Welt. Auf unsere Jobs und die unserer Kinder. Auf unsere Zukunft. Wir sollten uns mit allen Mitteln dagegen wehren.
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