Lausitzer Rundschau: zu: Erste Islam-Konferenz in Deutschland
Cottbus (ots)
Wie wenig man voneinander weiß, zeigt eine Begebenheit am Rande der Islam-Konferenz. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) lud die Teilnehmer erst zur Diskussion, dann zu einem Imbiss ein. Für gläubige Muslime hat aber der Fastenmonat Ramadan begonnen. Der kleine Patzer belegt deutlich: Es gibt noch vieles, was man übereinander lernen muss. Deshalb ist es gut, dass miteinander geredet wird. Der multireligiöse Dialog ist dort angekommen, wo er hingehört: in der Mitte der Gesellschaft. In Zeiten des islamistisch motivierten Terrorismus haben es beide Seiten inzwischen mit Fragen zu tun, die weit über die seit Jahren bekannten Versäumnisse deutscher Integrationspolitik hinausgehen: Wie halten es beispielsweise die islamischen Gruppen mit dem Bekenntnis zu unserer freiheitlichen Ordnung? Die Abgrenzung zu den islamistischen Radikalen und ihren tödlichen Bomben ist das Fundament, auf dem ein konstruktiver und umsetzbarer Dialog aufgebaut werden kann. Dessen scheinen sich alle Teilnehmer zum Glück bewusst zu sein. Demgegenüber müssen sich die Deutschen fragen, ob sie die Realität anerkennen wollen: Drei Millionen Muslime leben hierzulande, sie sind ein eigener Pfeiler unserer Gesellschaft geworden; sie wollen Imame ausbilden, Moscheen bauen und fordern Islamunterricht in deutscher Sprache. Das zu akzeptieren, fällt vielen schwer, weil die Fremdheit des Islam verstört, seine angebliche Gewaltbereitschaft verschreckt. Die Islam-Konferenz muss also den alltäglichen, besänftigenden Brückenschlag zwischen den Kulturen und Religionen üben. Ein sehr schwieriges Unterfangen. Es ist wahr: Islamisten, die Terroranschläge planen, wird man durch die Konferenz nicht abhalten können. Aber: Der Islam wird vielleicht vom Generalverdacht befreit werden, unter den er durch die Attentate verwirrter Glaubensbrüder stets gestellt wird. Das Dialogprojekt könnte sogar den aufgeklärten Islam in Deutschland beflügeln und die Radikalen in den eigenen Reihen stärker isolieren. Hoffentlich. Und hoffentlich wird die Republik im Verlauf des neuen Dialogs etwas von ihrer peinlichen Hysterie verlieren. Damit Theater-Intendanten begreifen, es ist falsch, sich zu unterwerfen und den Spielplan zu ändern; damit eine ARD versteht, dass sie vor der Gewalt kapituliert, wenn sie die Ausstrahlung eines hochgelobten Films über türkische Jugendkriminalität in die Nacht verschiebt.
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